Wenn das kleine Hessen tatsächlich die großen deutschen Entwicklungen vorwegnimmt, dann bringt das Superwahljahr 2009 vor allem eines: Klarheit. Selten hat eine Landtagswahl zuletzt ein derart deutliches Wählervotum ergeben.
Größter Gewinner ist die FDP, die vom einst verlachten Projekt 18 heute nicht weiter entfernt ist als die SPD. Die Liberalen regieren in allen wichtigen Bundesländern mit, ihr Einfluss im Bundesrat wächst derart, dass bis zur Bundestagswahl das altbekannte Blockadespiel anstehen könnte. Die Grünen legen ebenfalls deutlich zu, doch daraus erwächst keine neue Machtoption.
Angesichts der prinzipienfreien Krisenpolitik der beiden Großen locken Liberale und Öko-Partei mit klarem Kurs.Zu den Siegern darf sich auch Horst Köhler rechnen. Die Wiederwahl des Bundespräsidenten am 23. Mai dürfte Formsache sein. Die Zuwächse der FDP schaffen Klarheit in der Bundesversammlung.Gewonnen hat natürlich Roland Koch, wenn auch nur mit glanzlosem Pflichtsieg in einer Wahl ohne Gegner. Das brillante Ergebnis der Liberalen dürfte den Chef-Ökonomen der Union schmerzen.
Die gestärkteFDP bedeutet, dass Hessen seinen Ministerpräsidenten an die Kette legen will.Auch wenn der SPD klar war, dass nichts zu holen sein würde, ist das Ergebnis niederschmetternd. Die Katastrophe zur Spätfolge der Ära Beck/Ypsilanti erklären zu wollen, wäre leichtfertig.
Die hessischen Zahlen korrespondieren verdächtig mit den bundesweiten Umfragen. Hätte ein früherer Rücktritt von Frau Ypsilanti dem Ergebnis geholfen? Wohl kaum. Die Strategie der Union, sich in der politischenMitte breit zu machen, geht jedenfalls auf: Die Sozialdemokratie wirdmarginalisiert.
Dass Präsidenten-Kandidatin Gesine Schwan den Parteifreund Schäfer-Gümbel kurz vor der Wahl als "so richtig sexy" bezeichnete, mag eine Fußnote sein, die das Elend der SPD allerdings auf bedrückende Weise illustriert.Verloren hat auch die Linkspartei.
Die Hoffnung, in der Krise als Fundamentalopposition zu punkten, wurde herb enttäuscht. Enttäuschte Sozialdemokraten liefen offenbar nicht über. Wenn es ernst wird, scheint der Wähler eher Abstand zu nehmen vom Phantasten-Haufen.
Bei aller Klarheit des Resultats bleibt dennoch die Erkenntnis, dass offenbar Überdruss an der Politik generell herrschte. Denn trotz großer Themen und klarer Pole lag die Beteiligung gestern auf historischem Tief. Nur 25 Prozent aller Wahlbeteiligten entschieden sich für Koch. Stärkste Partei war die der Nichtwähler.
Berliner Morgenpost