Top-Ökonomen kritisieren Bundesbankpräsident Weidmann. „Jede Vorbereitung auf den Fall eines Austritts aus dem Euro wäre gefährlich, weil sie den Märkten signalisiert, dass die Zentralbanken die Währungsunion nicht mehr als unwiderruflich betrachten".
Prominente europäische Volkswirte betrachten die Debatte über eine Absicherung von Forderungen zwischen den Notenbanken, die Bundesbankpräsident Jens Weidmann mit einem Brief an den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), angestoßen hat, mit großer Sorge. Das berichtet das Handelsblatt. „Jede Vorbereitung auf den Fall eines Austritts aus dem Euro wäre gefährlich, weil sie den Märkten signalisiert, dass die Zentralbanken die Währungsunion nicht mehr als unwiderruflich betrachten", sagte Marco Annunziata, Chefvolkswirt von General Electric auf der jüngsten Sitzung des EZB-Schattenrats. Das mache ein Scheitern des Euro nur wahrscheinlicher, brachte er eine unter den Experten verbreitete Meinung auf den Punkt.
Im EZB-Schattenrat, der 2002 auf Initiative des Handelsblatts gegründet wurde, diskutieren 15 prominente europäische Volkswirte jeweils vor den Zinssitzungen des EZB-Rats über Fragen der Geldpolitik.
Einige, vor allem deutsche Mitglieder des Schattenrats begegneten dem Anliegen Weidmanns dagegen mit mehr Sympathie. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer regte an, die Länder mit hohen negativen Target-Salden sollten diese mit ihren Gold- und Devisenreserven absichern müssen. So weit will Elga Bartsch, Europa-Chefvolkswirtin von Morgan Stanley nicht gehen. Die Salden entstünden, weil die Notenbanken im Süden überproportional viel neues Zentralbankgeld an ihre Banken ausgeben, und die Bundesbank besonders wenig, argumentiert sie. Deshalb sei es angemessen, wenn die Zentralbanken der Südländer einen Teil der Wertpapiere, die sie im Zuge der Geldschöpfung von den Geschäftsbanken als Sicherheiten erhielten, an die Bundesbank weiterreichten.
Wegen der schlechten Wirtschaftsperspektiven tritt eine breite Mehrheit der Ökonomen dafür ein, dass die EZB ihren Leitzins von einem Prozent weiter senkt. Spanien und Portugal drohe eine tiefe Rezession, warnte der Europa-Chefvolkswirt der Ratingagentur Standard & Poor’s, Jean-Michel Six. Die EZB hat allerdings keine Neigung erkennen lassen, den Leitzins bei ihrer Sitzung am Donnerstag zu senken.