EZB diskutiert neue Variante für Anleihekäufe. Zinsobergrenze könnte festgelegt, aber nicht bekannt gegeben werden. Geheime Zielmarke würde der Notenbank mehr Spielraum bei ihren Interventionen lassen.
Für die Ausgestaltung der Anleihenkäufe der EZB wird nach Informationen der Tageszeitung „Die Welt“ (Donnerstagausgabe) innerhalb der Notenbank eine neue Variante diskutiert. Die Zentralbank könnte festlegen, welche Zinsen oder welchen Risikoaufschlag sie für die Anleihen eines Krisenlandes maximal akzeptieren würde – ohne dieses Ziel jedoch öffentlich bekannt zu geben. Etliche Notenbanker würden dieses Vorgehen einer zuletzt diskutierten offiziellen Obergrenze vorziehen, berichteten mehrere mit den Diskussionen vertraute Personen der Zeitung.
Der EZB-Rat will in seiner Sitzung am 6. September darüber entscheiden, wie die in Aussicht gestellten Interventionen bei spanischen oder italienischen Staatsanleihen aussehen könnten. Dieser Tage haben die Fachleute der EZB die Meinungen aller Notenbanken in Euroland eingeholt, in Kürze werden sie ihre Empfehlungen vorlegen. Eine Entscheidung gebe es noch nicht, auch keine Beschlussvorlage des Direktoriums, betonen alle Beteiligten. Es zeichne sich aber bereits ab, dass die Idee einer offiziellen Obergrenze für Anleihenzinsen, die zuletzt von vielen Experten diskutiert wurde, innerhalb des EZB-Rats eher wenig Rückhalt habe. Die Hoffnung, dass allein die Ankündigung einer Zins-Obergrenze den Markt beruhigen würde, haben die meisten Notenbanker dem Vernehmen nach aufgegeben
Bei einem nur intern festgelegten Ziel hätte die Notenbank bei ihren Interventionen mehr Spielraum: Sie müsste ihr Zinsziel nicht an jedem Tag mit allen Mitteln verteidigen, sondern könnte auch vorübergehende Abweichungen dulden, ohne gleich ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen. Allerdings ist auch die Variante eines heimlichen Ziels heikel – denn das Kalkül geht nur auf, wenn die vereinbarten Schwellenwerte tatsächlich geheim bleiben. Skeptiker unter den Notenbankern verweisen darauf, dass es schwierig werden dürfte, Informationslecks auszuschließen.
Weitgehend einig sind sich die mit den Beratungen vertrauten Personen, dass die EZB ihre Interventionen in irgendeiner Weise am Zins ausrichten muss. Die Alternative, vorab ein bestimmtes Volumen für die Anleihenkäufe festzulegen, sei in diesem Fall nicht sinnvoll, heißt es. Schließlich wolle die EZB eine bestimmte Zinsreaktion erreichen und ist laut Notenbankpräsident Mario Draghi bereit, dafür so viel Geld einzusetzen wie nötig.
Noch völlig offen ist der Zeitung zufolge, ob sich die EZB intern an den absoluten Renditen orientieren würde oder aber an einer Zinsdifferenz, etwa zwischen spanischer Anleihen und Bundesanleihen. Dieser so genannte Spread ist gewissermaßen ein Aufschlag für das zusätzliche Kreditrisiko, das der Investor eingeht, wenn er spanische statt deutsche Anleihen kauft. Und diese Risikoaufschläge hält die EZB derzeit in einzelnen Fällen für überzogen.
Zumindest einzelne Notenbanker bevorzugen nach Informationen der „Welt“ derzeit ein Spread-Ziel. Dadurch könnte man sich auf die Folgen der Marktpanik konzentrieren und andere Einflussfaktoren wie ein allgemein steigendes Zinsniveau oder Inflationsängste ausklammern. Andererseits hätte dies zur Folge, dass der Toleranzzins für spanische Anleihen automatisch steigen würde, wenn die Renditen für Bundesanleihen in die Höhe gehen. Möglicherweise werde die Notenbank aber nicht einmal bekannt geben, ob sie sich für ein Spread- oder Zinsziel entscheidet, heißt es.