Notenbanken de facto in das Schlepptau der Politik: Bundesbank-Chef Weidmann sieht Gefahr der Inflation. Einen Goldstandard lehnt er aber ab.
Die Angriffe auf die Unabhängigkeit der Notenbanken gefährden nach Einschätzung von Bundesbankpräsident Jens Weidmann die Stabilität des Geldes. „Langfristig wäre es natürlich mit Gefahren für die Preisstabilität verbunden, wenn die Notenbanken de facto in das Schlepptau der Politik gerieten. Das sind die Lehren aus den Inflationsschüben in den 1970er und 1980er Jahren", sagte Weidmann der Wochenzeitung DIE ZEIT.
Kurzfristig sei Inflation zwar „wegen der schwachen Konjunktur derzeit kein Thema", so Weidmann. „Der entscheidende Test wird kommen, wenn sich die Wirtschaft erholt und es an der Zeit ist, die geldpolitischen Zügel wieder anzuziehen."
Weidmann zufolge ist die Unabhängigkeit der Notenbanken vor allem deshalb in Gefahr, weil sie immer mehr Aufgaben übernommen haben – zum Beispiel bei der Finanzierung von Staaten oder der Aufsicht über die Banken. „Je mehr sich die Notenbanken auf das Terrain der Finanzpolitik begeben, desto lauter werden Fragen nach ihrer demokratischen Legitimierung und Forderungen nach einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle werden", sagte er. Dadurch wachse die Gefahr, dass auch auf die Geldpolitik Einfluss genommen werde. Angesichts der jüngsten Entwicklungen sei Wachsamkeit geboten. „Wir erleben heute eine neue Art des Umgangs mit den Notenbanken – etwa in Japan, wo die Regierung starken Druck auf die Notenbank ausübt", so Weidmann.
Eine Rückkehr zum Goldstandard lehnt er allerdings ab. „Die historischen Erfahrungen haben gezeigt, dass eine solche Bindung viel zu starr wäre. Notenbanken müssen in Krisensituationen flexibel reagieren können – innerhalb eines klar und eng abgegrenzten Mandats."