Erbe von Tschernobyl: Schwarzwild noch immer radioaktiv belastet. Ergebnisse für das Jagdjahr 2012/2013: Von 2.366 untersuchten Proben lagen 202 über dem Grenzwert von 600 Becquerel Radiocäsium pro Kilogramm (Bq/kg) Fleisch. Die höchste gemessene Aktivität an Radiocäsium wurde mit 4.973 Bq/kg in einem Wildschwein aus dem Pfälzerwald gemessen.
27 Jahre ist das Reaktorunglück in der Ukraine nun her, doch die Wildschweine im Pfälzerwald und im Hochwald tragen das Erbe von Tschernobyl teilweise noch immer mit sich herum.
Weil in diesen beiden Gebieten der radioaktive Fallout am meisten abregnete, untersuchen mehrere private und staatliche Messstellen auch heute noch alle dort erlegten Wildschweine auf das radioaktive Cäsium-137. Ist die Belastung zu hoch, darf das Fleisch dieser Tiere nicht in den Verkehr gebracht werden. Sämtliche Daten werden im Landesuntersuchungsamt (LUA) erfasst, ausgewertet und durch stichprobenartige Kontrolluntersuchungen überprüft.
Ergebnisse für das Jagdjahr 2012/2013: Von 2.366 untersuchten Proben lagen 202 über dem Grenzwert von 600 Becquerel Radiocäsium pro Kilogramm (Bq/kg) Fleisch. Das entspricht einer Beanstandungsquote von 8,5 Prozent. Die höchste gemessene Aktivität an Radiocäsium wurde mit 4.973 Bq/kg in einem Wildschwein aus dem Pfälzerwald gemessen. Von den 17 Stichproben aus den Revieren jenseits der beiden Untersuchungsgebiete lag eine oberhalb des Grenzwertes von 600 Bq/kg.
Darüber hinaus untersucht das LUA im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung zur Kontrolle auch noch Stichproben von Schwarzwildfleisch, das bereits in rheinland-pfälzischen Metzgereien und in der Gastronomie zum Verzehr angeboten wird. Das Ergebnis ist auch in diesem Jahr erfreulich: Bei keiner dieser 54 im Jagdjahr 2012/2013 eingesandten Stichproben wurde eine Grenzwertüberschreitung festgestellt.
Da Cäsium-137 eine physikalische Halbwertszeit von 30 Jahren hat, wird der Reaktorunfall von Tschernobyl die Lebensmittelüberwachung noch sehr lange beschäftigen, um auch künftig zu verhindern, dass die Verbraucher im Land belastetes Wildbret auf den Teller bekommen.
Hintergrund:
Ein erheblicher Teil der Gesamtstrahlenbelastung durch das Reaktorunglück von Tschernobyl stammte von den radioaktiven Cäsium-Isotopen Cäsium-134 und Cäsium-137. Da Cäsium-134 eine physikalische Halbwertszeit von zwei Jahren hat, ist derzeit nur noch Cäsium-137 von Bedeutung.
Während Cäsium-137 aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften auf landwirtschaftlich genutzten Flächen so fest im Boden gebunden ist, dass es nicht mehr in die Nahrungskette aufgenommen werden kann, tritt es auf den sauren Waldböden vorwiegend in den organi-schen Schichten auf und gelangt über die Versorgungswurzeln wieder in die Pflanzen. Hierdurch kommt es zu einem geschlossenen Kreislauf von Cäsium-137 in Waldökosystemen, der dort noch viele Jahrzehnte zu erhöhten Cäsium-Belastungen führen wird.
Da sich die meisten Wildtiere, die in geschlossenen Waldökosystemen leben, von den Pflanzen ernähren, die dort wachsen, nehmen sie ebenfalls mehr Cäsium-137 auf. Besonders stark ist Schwarzwild betroffen, das als Allesfresser einen erheblichen Teil seiner Nahrung aus dem Boden wühlt und dabei belastete Futterbestandteile aufnimmt, insbesondere Hirschtrüffel, eine für den Menschen ungenießbare Pilzart.
Seit 2001 muss in den Untersuchungsgebieten "Pfälzerwald" und "Hochwald" jedes erlegte Stück Schwarzwild vor Inverkehrbringen auf Radiocäsium untersucht werden. Kontaminiertes Wildbret, das aufgrund von Grenzwertüberschreitungen nicht verzehrt werden kann, muss durch die Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt werden. Den Jägern steht für belastete Tiere eine Ausgleichszahlung durch den Bund zu.