Allianz-Chef: „Eine Rückkehr zur D-Mark wäre verantwortungslos. Deshalb sollten wir alle solche Gedankenspiele beenden.“ Deutsche Wirtschaft würde in Depression stürzen. – Lebensversicherungen sind laut Diekmann trotz Euro-Krise sicher.
Ein Ende des Euro würde nach Berechnungen der Allianz zu gewaltigen Wohlstandsverlusten in Deutschland führen. „Wir haben die Rückkehr zur D-Mark ökonomisch durchgerechnet. In diesem Szenario würde Deutschland in eine tiefe Depression abrutschen, das Bruttoinlandsprodukt würde eine Zeit lang mit zweistelligen Raten schrumpfen, am Ende könnten über vier bis fünf Jahre 25 Prozent des BIP verloren sein“, sagte Vorstandschef Michael Diekmann im Interview mit der Zeitung „Welt am Sonntag“. Eine Rückkehr zur nationalen Währung wird von einigen Ökonomen immer wieder ins Spiel gebracht. Er hielte s für grundfalsch, die europäische Einigung und die Währungsunion zurückdrehen zu wollen, betonte Diekmann. „Eine Rückkehr zur D-Mark wäre verantwortungslos. Deshalb sollten wir alle solche Gedankenspiele beenden.“
Allerdings braucht die Euro-Zone nach Diekmanns Ansicht eine neue Strategie, um ihre Krise zu überwinden. „Entscheidend ist für mich, dass wir aus dem Zustand eines permanenten Provisoriums rauskommen und dass es eine klare Vision gibt. Wir kennen das Zielbild für 2020 im Moment nicht“, sagte der Allianz-Chef der Zeitung. Eine solche Vision sei aber nötig, um die Verunsicherung der Märkte zu beenden. Dieses Zielbild sollte für Diekmann mehr und nicht weniger Europa bedeuten: „Aus meiner Sicht spricht alles für eine stärkere politische Union. Das wird nur mit mehr gemeinsamer Haftung und Finanzierung gehen.“ Gleichzeitig müsse es aber Grenzen dafür geben, wie sehr ein Land für andere haftet. „Wer anderen hilft, muss auch eine Möglichkeit zur Kontrolle haben. Anders ist ein solches Modell gar nicht mehrheitsfähig.“
Ob am Ende ein Fiskalpakt oder gar ein gemeinsamer europäischer Haushalt steht, ist für Diekmann nicht ausgemacht. „Die Frage ist, von welchem Modell man die Bevölkerung in Europa überzeugen kann“, sagte der Allianz-Chef. Es brauche einen politischen Prozess, der die Menschen mitnehme. „Die EU war über Jahrzehnte vor allem eine Konstruktion der Eliten. Das ist jetzt vorbei, auf diesem Weg kommen wir nicht weiter.“ Einen Masterplan von Wissenschaftlern oder Unternehmern würde von den Menschen nicht akzeptiert werden.
Eine kurzfristige Vergemeinschaftung der Schulden würde Europa jedenfalls nicht helfen, stellte Diekmann klar. „Eurobonds würden derzeit die Investoren sicher nicht überzeugen, da bin ich voll und ganz der Meinung der Bundeskanzlerin“, sagte er. Die gemeinsamen Anleihen wären zum jetzigen Zeitpunkt nur eine kurzfristige Lösung der Finanzierungsprobleme einzelner Staaten, ohne die Strukturen zu verändern.
Für die Krisenländer empfiehlt Diekmann weder Sparen um jeden Preis noch eine Haushaltssanierung über überzogene Steuern. „Bisher war die Botschaft: Hilfe gibt es nur gegen harte Sparauflagen, auch wenn es das Land in die Rezession führt. Das war keine befriedigende Lösung“, sagte er im Interview. Entscheidend sei, dass Europa als Standort wieder attraktiv werde. „Dazu gehört zum Beispiel auch, dass wir uns Obergrenzen für die Besteuerung setzen“, betonte Diekmann. „Niemandem ist geholfen, wenn die Regierungen über horrende Steuererhöhungen die Etatlücken schließen, dann aber das Wachstum wegbricht.“
Trotz der Krise hält Diekmann die deutsche Lebensversicherung für ein zuverlässiges Anlageprodukt. „Unsere deutsche Lebensversicherung ist sicher und attraktiv für all jene, die mit einem Anlageprodukt das Wissen eines großen Investors wie der Allianz nutzen wollen und zusätzlich einen Versicherungsschutz wünschen.“ Was aber passiert, wenn der Euro doch auseinanderfällt und die Wirtschaftsleistung, wie von der Allianz prognostiziert, zweistellig einbricht, wollte Diekmann nicht präzisieren: Nicht jedes Extremszenario sei auch realistisch. „Wir erwarten weder ein Auseinanderbrechen der Währungsunion noch den Zahlungsausfall eines weiteren Euro-Landes. Im Zweifel wird die Europäische Zentralbank alles dafür tun, um solche Liquiditätsengpässe zu vermeiden.“