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Droge Zucker?

Ein sehr beachtlicher ausführlicher Artikel im  “Spiegel” vom 3.9.2012 zeigt die ganze Hilflosigkeit, mit der auf allen Ebenen immer weiter dem Problem des massenhaften Übergewichts begegnet wird. Dabei ist die Zeit eigentlich reif für einen Konsensus.

 

von Rolf Ehlers

Eine kluge  Leserin meines Buches „Wohlfühlhormon Serotonin. Botenstoff des Glücks. Der körpereigene Aufbau durch native Kost" (Via Nova Verlag, 2012) schrieb mir unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, dass  wir allein mit  der Nutzung der  Ergebnisse der Wissenschaften im Gesundheitswesen nicht weit kämen und unbedingt Alternativen dazu brauchten. Es gäbe doch noch endlos viel zu wissen, was noch nicht gründlich erforscht ist aber schon hilfreich genutzt werden kann. Darauf antwortete ich ihr, dass ich ganz Ihrer Meinung bin, dass wir nicht nur auf die Hilfen zurückgreifen dürfen, die sich nach gesetzlich vorformulierten Verfahren als „hinreichend wissenschaftlich gesichert“ darstellen. Denn dann können wir aus Jahrtausenden stammendes wertvolles Erfahrungswissen nicht nutzen. Wenn ich mich aber ergänzend zu dem relativ wenigen, was wir ganz sicher wissen, schon auf die Ergebnisse praktischer Erfahrung einlasse, muss ich auch beachten, wovor schon die Alten warnten: „Non nocere!“  Wir dürfen niemals schaden. Wir dürfen insbesondere nicht jede positive Erfahrung gleich verallgemeinern. Das aber tut selbst die „große Wissenschaft“. Kaum ist ein Aspekt der möglichen Lösung als richtig erkannt, wird schon behauptet und verbreitet, das Problem sei ganz  gelöst. In der Natur laufen aber oft verschiedene Wirkzusammenhänge mehr oder minder in Koinzidenz nebeneinander her. Immer wieder greifen oberflächliche Betrachter bis hin zu den renommiertesten Vertretern der Wissenschaft prompt genau die falschen als die angeblich wahren Verursacher des Problems heraus.

Solche Fehler durchziehen gerade die Historie des Kampfes gegen das immer weiter anwachsende Problem des Übergewichts in den meisten westlichen Ländern. Das Problem gibt es erst seit der Mitte des letzten Jahrhunderts. Früher war Übergewicht überall tatsächlich selten.  Seither haben Tausende von Experten immer neue Sündenböcke  gefunden und alle Welt bemühte sich, es ihnen recht zu machen. Die schuldig gesprochenen Täter waren:  erst Kalorien und Bewegungsarmut, dann Fett (Cholesterin) und schließlich auch die Kohlenhydrate. 

Der  inzwischen durch seinen millionenfach im Internet angesehenen 1 1/2 Stunden langen phantastischen  You-Tube-Vortrag  berühmt gewordene Professor Dr. Lustig aus Südkalifornien hat absolut richtig herausgearbeitet, dass es falsch war, die Lösung des Problems des Übergewichts bei der Reduzierung von Nahrungsfett zu suchen.

 

 

Alle Welt war nämlich einer gefälschten Studie auf den Leim gegangen, die  allein darauf abstellte, dass in Ländern wie Japan und Italien, wo relativ wenig tierisches Fett verzehrt wird, auch die Zahl der Fälle von Adipositas und Herz- und Kreislauferkrankungen ganz gering war- ganz im Gegensatz zu den USA mit einem bis in die siebziger Jahre hinein sehr hohen Fettkonsum. Inzwischen ist nach den endlosen Kampagnen zur Fettvermeidung  (Low Fat) der Fettkonsum in den USA  um 10 % unter den Ausgangswert gerutscht. Das Übergewicht und die mit ihm eingehergehenden Krankheiten sind aber weiter in die Höhe geschnellt. Lustig behauptet nun, all diese Effekte seien maßgeblich auf den übertriebenen Verzehr von Zucker, besonders  den  aus dem fruktosereichen  Malzsirup/HFCS,  zurückzuführen. Tatsächlich zeigen die Statistiken, dass  der  massive Anstieg des Übergewichts  in der Bevölkerung parallel, also zeitgleich, mit dem wachsenden Zuckerkonsum in den USA und den ihrem Beispiel  folgenden Ländern gestiegen ist.

Eine klare Erkenntnis, nicht? Die Schlussfolgerung, dass dies die Lösung des Problems ist, ist aber falsch. Lustig begeht genau den  Fehler, den er zu Recht denen vorwirft, die im Fett den Auslöser der Probleme sahen.

Es gibt eine weitere Koinzidenz, die die ganze Zeit während der Ausbreitung der Verfettung der Menschen in den westlichen Ländern vorherrschte. Wir haben sie eigentlich täglich vor Augen gehabt und haben sie noch heute direkt vor uns, und sehen doch den Wald vor lauter Bäumen nicht. Es ist der Verlust der Esskultur, der für das immer weiter anwachsende Übergewicht sorgt. Dass in allen Ländern, in denen eine traditionelle Esskultur herrscht und die Menschen zwischen den angesagten Essenszeiten lange Essenspausen einhalten, sich weder Herz- und Kreislauferkrankungen noch Adipositas häufen, blieb bei der der Suche nach den immer neuen „Sündenböcken auf dem Essteller“„außen vor.

Die Erkenntnis, dass die Aufgabe der traditionellen Essenpausen der wahre Grund für das Problem des allgemeinen Übergewichts ist, wird zweifelsfrei bestätigt durch absolut sichere Erkenntnisse aus der Biochemie. Heute weiß man positiv, dass jegliche Fettverbrennung  durch die Störung der Essenspausen infolge der Aufnahme kalorienreicher Zwischenmahlzeiten (Snacks, Knabbereien etc.) unterbunden wird, wie es insbesondere Professor Dr. Adam aus München, nachvollziehbar  in seinem Buch „KFZ-Diät“ schildert (mit Autos hat das nichts zu tun, es geht um Kohlenhydratmahlzeiten, Fettmahlzeiten und Zwischenmahlzeiten).  Ist  es nicht logisch, dass Übergewicht nur verschwinden kann, wenn überschüssiges Körperfett tatsächlich verbrannt wird?  Kohlenhydrate ab einer gewissen Menge locken das „Dickmacherhormon“ Insulin, das die Fettzellen verschließt. Dies ist eine unumstößliche Erkenntnis aus der Biochemie.  Dem Grundsatz nach stimmen dem alle neueren Ernährungslehren  beispielsweise von Dr. Pape aus Essen (Schlank im Schlaf) bis Professor Dr. Worm („Logi Methode“) auch zu. Dass die Nahrungsfette nicht die Verantwortlichen für die Vermehrung des Körperfetts sind, haben übrigens lange vor Lustig viele andere Ernährungsforscher überzeugend nachgewiesen, sehr  gut nachvollziehbar insbesondere Ulrike Gonder („Fett!“).

Es ist nur logisch,  a l l e  Aspekte des Problems zu sehen. Das hat mit “ganzheitlicher” oder “alternativer” Medizin nichts zu tun. In der Frage des Übergewichts habe ich, glaube ich, wirklich keinen wichtigen Aspekt ausgelassen, weshalb ich mein am 10.10.  herauskommendes neues Buch „Essenspausen. Der einzige Weg zur nachhaltigen Gewichtskontrolle, “ Via Nova Verlag, 2012, genannt habe.  Einfachzucker sind bestimmt nicht gesund. Fruktose, die in Obst und in anderer pflanzlicher Kost kaum jemals schädlich ist, ist außer in geringen Mengen als hälftiger Bestandteil von Haushaltszucker und besonders im billigen Maissirup, der sich heutzutage überall in fertig verzehrbaren Lebensmitteln findet, der Gesundheit schwer abträglich.  Zucker und auch HFCS sind aber  nicht die Erklärung für das Phänomen des ausufernden Übergewichts in den USA und all den Ländern, de ihnen alles nachmachen.

Erst der Verlust unserer Esskultur führt zur Verfettung der halben Bevölkerung, weil der Körper durch das ständige Essen nie die Zeit zur Umstellung auf die Fettverbrennung. Ohne Essenspausen kommt weder nachts das Wachstumshormon HGH noch tags das Stresshormon Adrenalin zur Erfüllung der Aufgabe, Fettzellen zu öffnen, damit auslaufendes Fett in den Verbrennungskammern der Körperzellen verbrannt werden kann. Es gibt daher immer nur die Einbahnstraße in Richtung Fettaufbau. Wenn wir wirklich mal weniger Energieträger aufnehmen als wir brauchen, geht der Körper dann an seine anderen Speicher, selbst an die Muskeln, und verschont das Körperfett. Darin zeigt sich auch, dass die ganz alte Mär von der Gewichtsabnahme durch Kalorienreduzierung und Kalorienverbrauch (Sport)  auch falsch ist. Diese von Dr. H.-U. Grimm  ( („Die Kalorienlüge“) zu Recht gegeißelte Fehlvorstellung die älteste und hartnäckigste der falschen Einstellungen zum Thema Übergewicht und wird noch schwerer auszumerzen sein als die Fehlvorstellung, dass zuviel Fett der Sündenbock ist.  Sport bzw. Körperertüchtigung sind  natürlich sehr wertvoll für den Erhalt der Gesundheit, obwohl sie mit der Gewichtskontrolle wenig zu tun haben.

Eigentlich müssen wir in dieser Welt nur die Augen aufmachen und genau hinsehen, um zu erkennen, warum in einer Zeit oder in einer Region die Menschen durchgehend schlank sind und in anderer nicht.  Bis vor Kurzem fand man in ganz China kaum einen einzigen übergewichtigen Menschen. Das ändert sich gerade erst langsam unter dem Einfluss westlicher Essunkultur. Tausende von Jahren lang sind zusammengerechnet Billionen von Chinesen immer schlank gewesen. Sie hielten aber auch immer die Regel ein, morgens nur ein kleines Frühstück zu verzehren( etwa ein leichtes Süppchen) und sich mittags und abends zur immer gleichen Zeit  zu einem ausführlichen, aber nie schweren Mahl zusammenzusetzen. In Kenntnis der biochemischen Regeln von Fettauf- und Fettabbau wird klar, dass nicht die Auswahl der Speisen, die in China ernährungsphysiologisch immer sehr klug war, für den Erhalt eines geringen Körpergewichts entscheidend war und ist, sondern der Umstand, dass jeder Chinese es weiß, dass man nichts zwischen den Malzeiten isst! Genau das haben wir in Deutschland bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges auch gewusst, als jedes naschsüchtige Kind hören musste: „Verdirb Dir nicht den Appetit beim Essen!“ Heute fordert die Werbung uns auf, ständig zu essen. Fast Food hilft, uns dick zu machen, nicht weil Döner, Würstchen, Pizza und Burgern wichtige Mikronährstoffe fehlen (das wird wohl oft auch wso sein) oder weil sie wie die meiste vorgefertigte Nahrung zuviel Zucker enthalten. Es ist das heute übliche beiläufige Essen zu jeder Gelegenheit, es sind die überall angebotenen unsinnigen Zwischenmahlzeiten, Knabbereien  und Snacks, die unsere Biochemie verderben und uns dick werden lassen. Ihr besonderer Schaden liegt nicht darin, was sie beinhalten, sondern dass wir sie überhaupt zu uns nehmen, als alle Nahrungsaufnahme mit gewissem Kohlenhydratgehalt ausschließlich in die Zeit der geregelten Mahlzeiten zu legen. Da müssen wir ansetzten, jeder für sich und seine Lieben und die Gesellschaft für alle.

Ist es nicht ein Wahnsinn, dass in der Zeit, in der die Medizin die Menschheit von einer langen Kette schrecklicher Plagen befreit hat, die Zivilisationskrankheiten epidemisch zunehmen, weswegen das Gesundheitswesen aller Länder vor dem finanziellen Ruin steht? Wie gebannt wird auf die Medizin geschaut, dass sie auch das noch richten soll. Von daher kann die Lösung aber ganz sicher nicht kommen. Wir haben sie nämlich selbst in der Hand! Eine andere Lösung gibt es nicht.


 

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