Zur "Gefahrenabwehr" soll die Polizei Mobilfunknetze in Zukunft abschalten können und damit Handy außer Betrieb setzen. Das sieht ein neuer Gesetzentwurf aus Sachsen-Anhalt vor. Dieser räumt der Polizei weitgehende Vollmachten ein auch ohne richterliche Befugnisse.
Kann die Polizei demnächst Mobilfunknetze einfach abschalten, und das sogar ohne richterlich Befugnis? Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat einen solchen Entwurf für die Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorgelegt, der der Polizei weitreichende Vollmachten einräumen würde.
Demnach soll es der Polizei möglich sein, Telekommunikationsunternehmen zu zwingen, ihre Dienste für einen bestimmten Zeitraum und Ort einzustellen. Dies ist nicht unbedingt an einen Richtervorbehalt oder eine Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft gebunden.
"Die Polizei kann von jedem Diensteanbieter verlangen, Kommunikationsverbindungen zu unterbrechen oder zu verhindern, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Die Unterbrechung oder Verhinderung der Kommunikation ist unverzüglich herbeizuführen und für die Dauer der Anordnung aufrechtzuerhalten", heißt es konkret in dem Entwurf.
Weiter heißt es in dem Entwurf:
Die Befugnis enthält einerseits die Möglichkeit, Anbieter für Telekommunikations- dienstleistungen dazu aufzufordern, die Kommunikationsverbindungen eines be- stimmten Mobilfunkendgeräts oder in einer bestimmten Mobilfunkzelle zu unterbrechen oder zu verhindern, andererseits aber auch die Befugnis, für die Polizei durch den Einsatz eines Störsenders Telekommunikationsvorgänge innerhalb des Sendebereichs des Störsenders unter den beschriebenen hohen Eingriffsvoraussetzungen zu unterbrechen oder zu verhindern.
Durch solche Maßnahmen kann beispielsweise die technisch mögliche Fernzündung eines Sprengsatzes per Mobilfunkgerät wirkungsvoll verhindert werden. Als weiterer Anwendungsfall kommen vor allem Geiselnahmen oder andere Fälle schwerer Straf- taten in Betracht, in denen es zur Unterbindung des Fortgangs der Straftat und zum Schutz der Opfer unerlässlich erscheint, die Kommunikationsmöglichkeiten des Täters einzuschränken. Die Unterbrechung bzw. Verhinderung der Telekommunikation greift nicht in Artikel 10 GG und Artikel 14 Verf LSA (Brief-, Post- und Fernmeldege- heimnis) ein, so dass ein Richtervorbehalt grundsätzlich nicht notwendig ist. Praxisbezogen wird das Einholen einer richterlichen Entscheidung bei einer gegenwärtigen Gefahr für die bezeichneten Schutzgüter ohnehin zeitlich nicht möglich sein. Die Wortwahl "wenn und soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für [...] erforderlich ist" betont die zeitliche Beschränkung der Maßnahme auf das erforderli- che Maß. Verfahrensrechtlich stellt die Regelung durch die vorgesehene nachträgli- che richterliche Entscheidung und das Außerkrafttreten der polizeilichen Anordnung bei Ausbleiben der richterlichen Bestätigung nach zwei Tagen sicher, dass in das durch Artikel 2 Abs. 1 GG und Artikel 5 Abs. 1 Verf LSA geschützte Grundrecht (allgemeine Handlungsfreiheit) nur im zeitlich zwingend erforderlichen Umfang eingegriffen wird.