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SPD will höhere Steuer auf Lebensmittel

Finanzausschuss-Vorsitzende Arndt-Brauer (SPD) fordert einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent - auch auf Lebensmittel: „Lebensmittel würden etwas teurer werden, aber die sind bei uns ohnehin gigantisch billig.“


Die Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag, Ingrid Arndt-Brauer, fordert eine radikale Mehrwertsteuerreform. „Ich bin für einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent auf alle Produkte – ohne jede Ausnahme“, sagte die SPD-Politikerin der „Welt am Sonntag“. „Wir haben bei der Mehrwertsteuer einen Wildwuchs: Mineralwasser 19 Prozent, Bier sieben Prozent – wie will man das erklären?“

Es gehe ihr „nicht um Entlastung und auch nicht um Mehreinnahmen“, betonte Arndt-Brauer, sondern „um Gerechtigkeit, um eine Vereinfachung des Steuersystems“. Die Reform könne aufkommensneutral erfolgen.

Arndt-Brauer setzt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) unter Druck. „Wir basteln gerade nicht an irgendwelchen Rettungsschirmen. Wir haben die Zeit, solche grundlegenden Dinge zu tun“, sagte sie. „Bei der großen Mehrheit im Bundestag können wir nicht sagen, wir machen gar nichts im Steuersystem.“

Ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent werde „im Schnitt“ niemanden belasten und niemanden entlasten, meint Arndt-Brauer. Die meisten Verbraucher hätten einen sehr gemischten Konsum. „Lebensmittel würden etwas teurer werden, aber die sind bei uns ohnehin gigantisch billig.“

Grundsätzliche Unterstützung erhält die Finanzpolitikerin von Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft. „Das heutige Mehrwertsteuersystem mit seinen vielen und oft willkürlichen Ausnahmen ist reformbedürftig. Ein einheitlicher Satz oder zumindest die Streichung etlicher Ausnahmen wäre sinnvoll“, sagte er. Priorität solle allerdings eine Glättung des Einkommensteuertarifs und die Abschaffung der kalten Steuerprogression haben.

Kurt Lauk, Präsident des Wirtschaftsrats der CDU, fordert: „Der Wildwuchs bei den Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer gehört schon längst ausgedünnt.“ Er sieht darin – anders als Arndt-Brauer – ein Sparpotenzial von mehreren Milliarden Euro. Das Geld könne verwendet werden, um eine Entlastung bei der kalten Progression zu finanzieren. Für wichtiger hält Lauk allerdings den Schuldenabbau und Investitionen in die Infrastruktur.

Die Unterscheidung zwischen einem vollen und einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz gibt immer wieder Anlass für Diskussionen. So hat die letzte Bundesregierung eine Ausnahme für Hotelübernachtungen beschlossen, die jährlich zu einer Milliarde Euro Mindereinnahmen führt. Für das Frühstück im Hotel fordert der Fiskus jedoch weiterhin 19 Prozent. Eine Wurst, die im Stand gegessen wird, ist steuerbegünstigt, verzehrt man sie im Sitzen, wird dagegen der reguläre Satz erhoben. Zudem sind Hundefutter, Rennpferde oder Skiliftfahrten begünstigt, Babywindeln jedoch nicht. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag eine weitere Ausnahme verankert: Auch elektronische Bücher sollen in Zukunft nur noch mit sieben Prozent belegt werden.

Arndt-Brauer stützt ihren Vorstoß, einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz einzuführen, auf eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), das im Auftrag des Bundesfinanzministeriums verschiedene Reformmodelle für die Mehrwertsteuer durchgerechnet hat. Wenn der ermäßigte Satz von sieben Prozent gestrichen wird, könnte zum Ausgleich der Regelsatz von jetzt 19 Prozent auf 16,7 Prozent abgesenkt werden, heißt es in dem Gutachten. In diesem Fall blieben die Steuereinnahmen unverändert.

„Bei einer aufkommensneutralen Reform kommt es nicht zu einer besonderen Belastung unterer Einkommensgruppen“, sagte RWI-Forscherin Tanja Kasten, eine Autorin des Gutachtens. Deshalb sei eine solche Vereinfachung aus ökonomischer Sicht durchaus sinnvoll.

Das Gesamtaufkommen der Mehrwertsteuer liegt bei rund 195 Milliarden Euro im Jahr. Der ermäßigte Steuersatz entlastet die Bürger um 29 Milliarden Euro, wobei allein auf Lebensmittel gut 19 Milliarden Euro entfallen. Presseprodukte und Bücher schlagen mit 2,6 Milliarden zu Buche, der öffentliche Verkehr und der Kulturbereich je mit gut einer Milliarde Euro.

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