EZB will neuartige Maßnahmen ergreifen, um die Banken zum Geldausgeben zu nötigen und Inflation zu schaffen.
Von Rebecca Bellano
Eigentlich sollte eine Zentralbank auf ihre seriöse Außenwirkung bedacht sein, doch derzeit sind die vielen Andeutungen dreier EZB-Direktoriumsmitglieder über mögliche Maßnahmen, die am 5. Juni verkündet werden sollen, dem abträglich. Vor allem verdeutlichen die gezielt gestreuten Anhaltspunkte über die Pläne jedoch, dass die Hüterin über die Stabilität der Gemeinschaftswährung inzwischen ganz andere Ziele verfolgt.
Schon seit Monaten warnen Mitglieder des EZB-Rates vor einer Deflation, also sinkenden Preisen. Aus der Perspektive Deutschlands, wo die Verbraucherpreise offiziell im April um 1,3 Prozent gestiegen sind – gefühlt sogar ein wenig mehr, da der für die statistische Ermittlung verwendete fiktive Warenkorb nicht den Alltagserfahrungen der Bürger entspricht –, kann man diese Befürchtungen nur schwer nachvollziehen. Aber auch im gesamten Euro-Raum haben die Preise noch um 0,7 Prozent angezogen.
Trotzdem spielt die Deflation zumindest für EZB-Präsident Mario Draghi eine immer bedeutendere Rolle. Und auch linke Ökonomen warnen vor den sinkenden Preisen, da mit ihr häufig höhere Arbeitslosigkeit und mehr Unternehmens-pleiten verbunden seien. Hierbei verweisen sie vor allem auf Krisenländer wie Griechenland, Spanien, Zypern und Portugal, die allerdings bereits im Rahmen der Euro-Krise hier schon Negativrekorde erreicht haben, bei denen eine Steigerung eigentlich kaum noch möglich zu sein scheint. Zudem, und dies wiederholt der Chef des renommierten Münchner ifo Instituts Hans-Werner Sinn seit Jahren beharrlich, müssen diese Länder eine Phase der sinkenden Preise erleben, denn nur so könnten sie ihre lahmende Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Ausland ausgleichen. Gäbe es keinen Euro, könnten diese Länder über eine Abwertung ihrer Währung den Konkurrenzdruck lindern, doch durch die Gemeinschaftswährung bleibt ihnen nur die sogenannte innere Abwertung, was schlicht eine Senkung von Gehältern und in der Folge auch der Preise mit sich zieht. Sinn ist sogar überzeugt, dass nicht nur Griechenland einer internen Abwertung von rund 30 Prozent bedürfe, sondern dass sogar Frankreich seine Preise um 20 Prozent drücken müsste.
Für die EZB spielt dieses Argument allerdings keine Rolle, da es Fehler im Euro-System problematisiert, die von der Zentralbank ausgeblendet werden, schließlich verdankt sie ihre Existenz der Einführung des Euro. Und so versteigen sich Draghi und seine EZB-Kollegen Peter Praet und Yves Mersch in Andeutungen, die den Schluss zulassen, dass die Zentralbank bei ihrer nächsten Sitzung am 5. Juni nicht nur den Leitzins von derzeit 0,25 Prozent weiter senken wird, sondern dass man dort auch an anderen Instrumenten arbeitet.