Mit 1.140 Milliarden Euro überflutet die Europäische Zentralbank (EZB) zur Zeit den Finanzmarkt. Damit sollen Staatsanleihen diverser europäischer Staaten gekauft werden. Um die Wirtschaft anzukurbeln. Nur Griechenland soll keinen einzigen Euro-Cent aus dem Geldsegen erhalten.
Von Uli Gellermann
Erpresser sollen sie sein die Neuen in Griechenland, Chaostruppe wird ihnen nachgerufen, das Wort Halbstarke taucht aus den schmutzigen Tiefen der 50er Jahre wieder auf, doch den fragwürdigen Höhepunkt der billigen Griechenland-Beschimpfung leistet die angeblich seriöse FAZ: Polit-Ganoven nennt sie die neue griechische Regierung in einem Kommentar. Über die wirklichen griechischen Ganoven, die ihr Land über Jahre in die Scheiße geritten haben - kein Wort. Kein Wort auch über die deutschen Regierungen, die mit den abgewählten griechischen Korruptions-Eliten prima Deals gemacht hatten. Auch kein Text über Angela Merkel, die als Schuldeneintreiberin in Athen unterwegs war, als eine säumige Regierung die Raten für die gelieferten deutschen U-Boote nicht zahlen konnte.
Während in Griechenland das Gesundheits-System stirbt und in seinem Gefolge auch viele Patienten, während Eltern kein weiteres Kind mehr in die Welt setzen wollen weil sie das eine kaum noch ernähren können, während Kinder im Schulunterricht vor Hunger in Ohnmacht fallen, leiert eine eisige EU-Bürokratur das runter, was sie schon seit fünf Jahren als einziges auf der Platte hat: SPAREN. Gäbe es in Brüssel oder Berlin so etwas wie ein Resthirn, dann wüsste man dort, dass tote Schuldner schlechte Schuldner sind. Aber sie haben Angst in den EU-Zentralen: Das griechische Beispiel könnte Schule machen. Auch andere Völker in Europa könnten sich von der perversen Logik des Kapitals befreien wollen. Das darf nicht sein.
Mit 1.140 Milliarden Euro überflutet die Europäische Zentralbank (EZB) zur Zeit den Finanzmarkt. Damit sollen Staatsanleihen diverser europäischer Staaten gekauft werden. Um die Wirtschaft anzukurbeln. Nur Griechenland soll keinen einzigen Euro-Cent aus dem Geldsegen erhalten. Die Griechen müssten erst einmal "Reformfortschritte" einleiten, tönt es aus dem EZB-Glaspalast in Frankfurt. Noch mehr Reform, noch mehr Selbstmorde, noch mehr Hunger, noch mehr Verzweiflung? `Die Europäische Zentralbank ist unabhängig´ flötet es aus geziertem Mund und die Neigung wächst, dem selben dummen Mund die Lüge in den Hals zurück zu stopfen. Natürlich wird in den politischen Machtzentralen, in schöner Übereinstimmung mit den Banken, entschieden, was die EZB zu tun hat. Und dort kennt man nur das kleine Einmaleins der Markwirtschaft: Der Preis der Freiheit vom Diktat der EU wird durch den Markt ermittelt.
Reden wir also über Marktwirtschaft. Auf der schönen Insel Kreta liegt der US-Marinestützpunkt "Naval Support Activity (Souda Bay)". Er hat eine Fläche von 445.000 Quadratmetern. Allein das Grundstück auf der beliebten Ferieninsel wäre eine Menge wert. Scheinbar arglos teilt der Chef des Stützpunktes, Commander Demetries Grimes, mit: "Wir haben den einzigen Kai im Mittelmeer, an dem auch ein Flugzeugträger anlegen kann. Das Gleiche gilt auch für Unterseeboote." Na, wenn das keine Wertsteigerung ist. - Auf dem Peleponnes, dem grieichichen Festland, nur acht Kilometer westlich der pittoresken Hafenfront von Kalamata, ist immer wieder der Donner von Tiefflügen zu hören, wenn die Kampfjets vom dortigen US-Stützpunkt ihre Übungen exerzieren. Der touristische Marktwert wird kaum an das große Grundstück auf Kreta heranreichen. Aber es gibt ja auch noch andere Markt-Kriterien.
Im August 2013 berichtete die Athener Morgenzeitung "Kathimerini (Καθημερινή, Die Tägliche)" über die Mobilisierung der US-Stützpunkte in Griechenland, weil die Regierung Obama von dort aus einen Angriff auf Syrien vorbereitete. Der Angriff wurde abgeblasen. Denn Russland hatte die Vernichtung von Kampfstoffen in Syrien durchgesetzt und so die drohende Internationalisierung des Bürgerkriegs abgewendet. Das nimmt Obama dem Putin bis heute übel. - Beide US-Militärstützpunkte bieten offenkundig wunderbar kurze Wege zu den Küsten des Nahen Ostens, jenem Raum, in dem der Krieg fast täglich möglich ist. Das dürfte den Russen doch etwas wert sein. Mehr wert jedenfalls als den Amerikanern, die nur eine geringe Pacht für ihre bedrohliche Präsenz in Griechenland zahlen. Nichts zahlen sie für die griechische Armee, die als NATO-Mitglied in der amerikanischen Militärbilanz als Hilfstruppe für die US-Armee im Mittelmeer gerechnet wird. Die bezahlt das griechische Volk: Rund sieben Milliarden Euro jährlich. Die könnten, träte man aus der kostspieligen NATO-Kriegstruppe aus, wunderbar zur Schuldentilgung verwendet werden. Während die erheblichen Erlöse aus dem Stützpunktverkauf zur Ankurbelung der griechischen Wirtschaft zur Verfügung stünden.
Reden wir über Schulden. Seit Jahr und Tag weigern sich die selben, deren Hochmut gegenüber den Griechen nur noch den Fall nicht ahnt, ihre Schulden bei den Griechen zu begleichen. Als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches schuldet die Bundesrepublik den Griechen rund 11 Milliarden Euro, die noch aus der Rückzahlung eines Zwangskredits offen sind, den die Nazis dem griechischen Volk abgepresst hatte. Ganz zu schweigen von den vielen Toten und Zerstörungen, die von den marodierenden deutschen Truppen hinterlassen wurden. Insofern sind die Griechen doppelt gefährlich: Sie könnten andere Völker an die deutschen Schulden erinnern, die auf der Londoner Schuldenkonferenz 1952 nur gestundet aber nicht aufgehoben wurden. Auch deshalb führt die deutsche Regierung einen erbarmungslosen Zermürbungs-Krieg gegen ein Volk, dessen neue Regierung es wagt, an diese offene Rechnung zu erinnern.