Zbigniew Brzezinski: „Wir befinden uns im Kalten Krieg“. Früherer Sicherheitsberater von US-Präsident Carter plädiert für Standfestigkeit der Nato, fordert Waffenlieferungen an Kiew und präsentiert einen Lösungsvorschlag für den Ukraine-Konflikt.
Zbigniew Brzezinski bewertet das Verhältnis der USA und Russlands düster: „Wir sind längst im Kalten Krieg.“ Im Interview mit SPIEGEL ONLINE begrüßt der frühere Nationale Sicherheitsberater des demokratischen US-Präsident Jimmy Carter die Aufrüstung der Nato in den osteuropäischen Mitgliedsstaaten als adäquate Antwort auf die russische Aggression gegenüber der Ukraine: „Es handelt sich hier um Aktion und Reaktion.“
Brzezinski weiter: Ich will keinen Krieg, aber ich bin auch nicht bereit, mich von der Behauptung einschüchtern zu lassen, dass wir mit einer symmetrischen Reaktion einen Krieg provozieren. Ganz im Gegenteil: Reagieren wir nicht, ist das die wahrscheinlichste Art, einen Krieg herbeizuführen.“
Eine jüngst veröffentlichte Pew-Umfrage, derzufolge 58 Prozent der Deutschen nicht bereit wären, einem osteuropäischen Nato-Verbündeten im Falle eines militärischen Konflikts mit Russland zur Hilfe zu kommen, nimmt Brzezinski gelassen: „Tatsächlich bin ich überzeugt, dass die Deutschen kämpfen würden. Kanzlerin Merkel wäre bereit zu kämpfen und die Opposition wäre es auch.“
Zur Abschreckung Russlands fordert der 87-jährige US-Stratege Waffenlieferungen an Kiew: „Es wäre sinnvoll, der Ukraine Defensivwaffen zur Verteidigung der großen Städte zu liefern, panzerbrechende Waffen oder Mörser etwa. Denn wir sollten den Preis russischer Gewaltanwendung erhöhen.“
Zur Lösung des Konflikts schlägt Brzezinski das Modell Finnland vor: „Es braucht ein ähnliches Arrangement wie jenes zwischen Russland und Finnland, das seit Jahrzehnten für Stabilität und Frieden sorgt. Die Ukraine sollte das Recht haben, ihre politische Identität frei zu wählen und sich enger an Europa zu binden.“ Gleichzeitig aber müsse Russland versichert werden, „dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen wird“.