Trotz Rekordsteuereinnahmen gibt das DIW der Politik eine Steilvorlage zur Einführung einer Vermögenssteuer. Das würde bis 20 Milliarden Euro bringen. Abkassiert würde nur beim reichsten Prozent der Haushalte.
Würde in Deutschland die Vermögensteuer wieder eingeführt, könnte der Fiskus – je nach konkreter Ausgestaltung der Steuer – mit Einnahmen von schätzungsweise zehn bis 20 Milliarden Euro jährlich rechnen. Das geht aus einer Studie von Stefan Bach und Andreas Thiemann im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung hervor, deren Ergebnisse im aktuellen Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) erschienen sind.
Auf Basis eines Mikrosimulationsmodells haben die Steuerexperten die Aufkommens- und Verteilungswirkungen für verschiedene Bemessungsgrundlagen und Steuertarife analysiert. Das Steueraufkommen könnte demzufolge beträchtlich sein, wenngleich Anpassungsreaktionen es spürbar mindern könnten, etwa weil Unternehmen Gewinne verlagern oder Kapitalanleger ins Ausland abwandern. Die Ungleichheit der Einkommensverteilung könnte durch die Wiedererhebung einer Vermögensteuer leicht reduziert werden. „Unter dem Strich ist die Vermögensteuer ein wirksames Instrument, um Haushalte mit hohen und sehr hohen Vermögen wieder etwas stärker zu besteuern“, bilanziert Bach. „Der Nachteil ist, dass sie Investitionen und Arbeitsplätze kosten kann.“
Ausweichreaktionen könnten Steueraufkommen erheblich senken
Die Vermögensteuer wurde in Deutschland ab 1996 ausgesetzt, ist aber immer wieder in der Diskussion – nicht zuletzt, da die Vermögenskonzentration hierzulande hoch ist: Schätzungen zufolge hielt im Jahr 2011 allein das reichste Prozent der privaten Haushalte in Deutschland knapp ein Drittel des gesamten Nettovermögens in Höhe von rund 8,6 Billionen Euro.
Die DIW-Steuerexperten haben das Vermögensteueraufkommen für persönliche Freibeträge von ein bis zwei Millionen Euro berechnet, die bei Ehepaaren verdoppelt werden. Bei einem proportionalen Steuersatz von einem Prozent würde ein Steueraufkommen zwischen elf und 23 Milliarden Euro im Jahr erzielt. Bei einem progressiven Steuersatz, der mit der Höhe des Vermögens bis auf maximal 1,5 Prozent steigt, wäre es sogar noch rund ein Viertel mehr. Die Zahl der Steuerpflichtigen läge je nach Szenario bei maximal 435.000 – in den meisten Fällen niedriger. Im Wesentlichen wäre nur das reichste Prozent der Bevölkerung betroffen, den Großteil des Aufkommens würden die reichsten 0,1 Prozent zahlen.
Die Vermögensteuer würde aber sehr wahrscheinlich Anpassungsreaktionen der Steuerpflichtigen auslösen: Unternehmen könnten beispielsweise Gewinne und Investitionen ins Ausland verlagern oder das Eigenkapital reduzieren, auch Kapitalanleger könnten solche Möglichkeiten nutzen. In einem Basisszenario, das bereits berücksichtigt, dass die Möglichkeiten zur Steuerflucht und Steuergestaltung in den vergangenen zehn Jahren eingeschränkt wurden, ginge das Steueraufkommen um 30 bis 46 Prozent zurück. Ein Großteil dieses Minderaufkommens entstünde bei den Unternehmens- und Kapitalertragsteuern, die ebenfalls von den Anpassungsreaktionen betroffen wären. Auch negative Auswirkungen auf die Beschäftigung in Deutschland könnten nicht ausgeschlossen werden.
Vermögensteuer könnte wieder eine Rolle im deutschen Steuersystem spielen
Aus Sicht von Bach und Thiemann ist es dennoch möglich, dass die Vermögensteuer künftig wieder eine Rolle im deutschen Steuersystem spielt, wenn die sehr wohlhabenden Haushalte wieder stärker besteuert werden sollen, um die Staatsausgaben zu erhöhen oder andere Steuern zu senken. Zwar könnten alternativ die Unternehmens- und Kapitaleinkommensteuern angehoben werden, was steuertechnisch einfacher wäre, da keine zusätzlichen Erhebungskosten anfielen. Weitere Möglichkeiten wären, Steuervergünstigungen abzuschaffen und Mehreinnahmen bei der Erbschaftsteuer zu erzielen.
Auch könnten stellenweise Ausgaben gekürzt werden, um fiskalische Spielräume zu schaffen. Aus politischen Gründen scheint all dies derzeit aber nicht realisierbar. „Falls die Vermögensteuer wiedererhoben werden soll, sollte sie international abgestimmt werden und mit einem weiteren Abbau der Steuergestaltungsmöglichkeiten einhergehen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht zu belasten“, empfiehlt Stefan Bach.