Viele Deutsche fürchten das Aufziehen einer Transferunion, in der Deutschland kontinuierlich die PIIGS-Staaten unterstützt. Diese Furcht ist unbegründet. Denn die Transferunion ist schon längst Realität. - Die Regierungen können ihre Defizite durch das Bankensystem und das Schaffen neuen Geldes finanzieren. - Die Tragödie des Euro: Ein System zerstört sich selbst.
von Philip Bagus
Viele Deutsche fürchten das Aufziehen einer Transferunion, in der Deutschland kontinuierlich die PIIGS-Staaten unterstützt. Diese Furcht ist unbegründet. Es gibt schon lange eine Transferunion. In meinem Buch "Die Tragödie des Euro" zeige ich, dass es in der Eurozone zu einer monetären Umverteilung kommt, die einer Transferunion gleich kommt.
In der Eurozone koexistieren verschiedene fiskalisch unabhängige Regierungen unter einem Zentralbankensystem. Dies ist daher einzigartig, weil normalerweise auf eine Regierung ein Bankensystem kommt.
Die Regierungen können ihre Defizite durch das Bankensystem und das Schaffen neuen Geldes finanzieren. Die Versuchung ist groß dies auszunutzen. Wenn Regierungen mehr ausgeben als sie durch Steuern einnehmen, was ja typischerweise der Fall ist, drucken sie einfach Papier. Auf dem Papier steht: Staatsanleihe. Die Finanzwirtschaft kauft einen großen Teil dieser Staatsanleihen, in dem sie neues Geld auf Knopfdruck im Computer schafft. Die Banken kaufen die Anleihen, weil sie diese als Sicherheit für neue Darlehen von der EZB (genauer dem Eurosystem) benutzen können.
Durch die Darlehen von der EZB gelangen die Banken in den Besitz neuer Reserven und können noch mehr Geld schaffen. Mit dem können sie dann weitere Staatsanleihen erwerben und so fort.
Das neue Geld fließt an die Regierungen, die ihre Defizite indirekt monetisieren. Die Kosten der indirekten Monetisierung tragen jedoch alle Währungsnutzer. Die Kaufkraft des Euro ist niedriger als sie es sonst gewesen wäre. Im Fall einer Regierung pro Zentralbank, trägt die ganze Nation die Kosten der Monetisierung des Defizits. In der Eurozone gibt es jedoch verschiedene Regierungen, die unabhängig ihren Haushalt aufstellen.
Stellen wir uns vor: alle Regierungen bis auf eine haben einen ausgeglichenen Haushalt. Die Defizitnation kann dann einen Teil der Kosten des Defizits in Form der Monetisierung und höheren Preisen auf andere Nationen abladen. Dies ist die monetäre Umverteilung der bereits existierenden Transferunion.
Eine Regierung wie die griechische mit hohen Defiziten druckt einfach Staatsanleihen, welche das Bankensystem kauft und monetisiert. Als Folge steigen die Preise tendenziell in der gesamten Währungsunion. Je höher ein Defizit einer Regierung im Vergleich zu den anderen Regierungen, desto effektiver können die Kosten des Defizits auf andere Nationen überwälzt werden. Die Anreize sind explosiv. Man profitiert, wenn man höhere Defizite als die europäischen Nachbarn hat. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sollte diese Anreize begrenzen. Er scheiterte jedoch vollkommen. Denn die Sünder sitzen über sich selbst Gericht.
Diese unselige Konstruktion erlaubte es Regierungen nicht konkurrenzfähige Wirtschaftsstrukturen, wie inflexible Arbeitsmärkte und riesige Staatssektoren, aufrechtzuerhalten. Das Eurosystem erzeugt damit die Überverschuldung und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, die für die Staatsschuldenkrise typisch sind.
Die Schuldenkrise wiederum führt in der Tendenz zu einer Machtzentralisierung in Brüssel und immer neuen Rettungsfonds. In anderen Worten erzeugt die immer schon bestehende monetäre Transferunion eine Schuldenkrise, die uns immer näher an eine explizite Transferunion bringt. Eurobonds würden das zementieren, ausbauen, offensichtlich und beinahe unumkehrbar machen, was schon vorher bestand.