Allein das Kursplus, das die Apple-Aktie seit Jahresanfang 2012 erzielt hat, entspricht einem Zugewinn an Unternehmenswert in Höhe von 150 Mrd. EUR. Das Apple-Phänomen – was dem erfolgreichsten Unternehmen der Welt gefährlich werden könnte.
Von Roland Klaus
Selbst für hartgesottene Börsianer, die von sich selbst behaupten, schon einiges am Finanzmarkt erlebt zu haben, ist die Kursentwicklung von Apple faszinierend.
Seit Dezember hat die Aktie 60 Prozent gewonnen. Auf Sicht von zwei Jahren hat sich der Kurs verdreifacht – in den vergangenen drei Jahren sogar versiebenfacht! Es ist nicht so, dass solche Kursgewinne beispiellos sind. Bei Nebenwerten finden sich immer wieder mal Kursbewegungen, die ähnlich spektakulär oder sogar noch spektakulärer sind. Das Besondere im Fall Apple ist, dass diese Kurssteigerungen von dem mittlerweile mit Abstand wertvollsten Unternehmen der Welt erzielt worden sind.
Um die Dimension einmal zu verdeutlichen: Allein das Kursplus, das die Apple-Aktie seit Jahresanfang 2012 erzielt hat, entspricht einem Zugewinn an Unternehmenswert in Höhe von 150 Mrd. EUR. Das ist mehr als alle Aktien der Deutschen Bank, Daimler, der Deutschen Telekom, der Lufthansa und der Commerzbank gemeinsam wert sind.
Ich gebe es offen zu: Ich bin kein Apple-Fan. Ich besitze nicht ein einziges Gerät aus dem Hause mit dem angebissenen Apfel. Vielleicht gerade deshalb erstaunt mich als Journalist, wie das Unternehmen es schafft, Berichterstattung in den Medien über sich und seine Produkte zu generieren. Kostenlos! Im redaktionellen Programm! In einer Fülle, für die andere Unternehmen einen Medienetat im Millionen- oder gar Milliardenbereich auf die Beine stellen müssten – und selbst dann nur im Werbeblock landen würden. Jede Meldung über ein neues Produkt oder nur die Spekulation darüber, wird selbst von ernst zu nehmenden Medien inzwischen wie ein Staatsereignis behandelt.
Vielleicht das beeindruckendste an der Erfolgsgeschichte von Apple ist, wie es das Unternehmen geschafft hat, den breiten Massenmarkt zu erobern, ohne den harten Kern seiner Fans zu vergraulen, der das Unternehmen nahezu religiös verehrt.
An der Börse sind jene Anleger Legion, die in den vergangenen Jahren versucht haben, auf ein Ende des Aufwärtstrends der Apple-Aktie zu setzen. Frei nach dem Motto „das kann ja nicht ewig so weiter gehen“ haben sie sich mit Puts und Leerverkäufen eine blutige Nase geholt. Nicht einmal der Tod von Steve Jobs konnte den Kurs nachhaltig stoppen.
Dabei ist Apple nach klassischen Bewertungsmethoden noch nicht einmal teuer – denn die Gewinnentwicklung ist in den vergangenen Jahren genauso explodiert wie der Aktienkurs. So liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei etwa 13. Zieht man das Cash ab, das Apple auf seinen Konten hortet, sinkt das KGV sogar auf gut zehn. Was also kann den weiteren Siegeszug von Apple gefährden?
Aus heutiger Sicht sind dies vor allem zwei Dinge: Apple könnte technisch patzen, etwa indem man die neue Funktechnologie LTE verschläft. Das neue iPad unterstützt LTE beispielsweise nur nach amerikanischem Standard, die Nutzer hier in Europa schauen in die Röhre. Umso wichtiger wird sein, dass das im Sommer erscheinende neue iPhone hier nicht schludert.
Die zweite Gefahr liegt in den aberwitzigen Gewinnmargen, die Apple mit seinen Geräten bislang erzielt. Von jedem eingenommenen Dollar bleiben bei Apple selbst nach Steuern 25 Cent an Gewinn übrig. Das ist ein in dieser umkämpften Branche absolut einmaliger Wert. Kein Unternehmen hat es in diesem Sektor geschafft, solche Gewinne langfristig zu behaupten. Solange Apple dies kann, sollte auch der Kurs der Aktie nicht abschmieren. Verlieren aber iPhone und iPad ihren Sex-Appeal und geraten in Preiskämpfe, dann werden das auch die Aktionäre zu spüren bekommen.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist und Analyst in Frankfurt am Main. Für den amerikanischen Finanzsender CNBC und den deutschen Nachrichtenkanal N24 berichtete er von der Frankfurter Börse. In seinem Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“ entwirft er eine Analyse der Schuldenkrise und liefert Ratschläge, wie man sich auf die entstehenden Risiken einstellen kann. Sie erreichen Ihn unter