Wüsten-Wahn-Projekt droht zu scheitern. Werden Milliarden in den Sand gesetzt? Desertec-Gründer greift falsche Strategie an: "Warten leider bis heute auf einen Plan". Harte Kritik am Ausstieg von Siemens. "Das Wüstenstrom-Projekt steht am Scheideweg".
Einer der Gründer von Desertec greift die Desertec-Leitung und die am Wüstenstrom-Projekt beteiligten Unternehmen scharf an. Sie riskierten mit einer falschen Strategie das Scheitern des Vorhabens. Friedrich Führ, 2010 aus dem Vorstand ausgeschiedenes Gründungsmitlied der Desertec-Stiftung, schrieb in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Rundschau" (Donnerstag-Ausgabe). "Das Wüstenstrom-Projekt steht am Scheideweg". Noch könne es ein Erfolg werden. Die Industrieinitiative Dii, in der sich rund 50 Unternehmen zusammengeschlossen haben, um das Projekt umzusetzen, bediene sich aber einer "falschen Strategie mit erheblichen Konsequenzen". Hauptauftrag der Dii sei, den Weg zu bereiten, damit Desertec nicht länger durch politische Hürden behindert wird. Dafür sollte ein Plan ausgearbeitet und Forderungen an die Politik national und international formuliert werden. "Darauf warten wir leider bis heute." Stattdessen konzentriere sich die Dii auf die Umsetzung eines einzigen Modellprojekts.
Führ, der als Rechtsanwalt und Manager arbeitet und einer der Stifter des Gründungskapitals der Desertec-Stiftung ist, schrieb weiter: "Ich war mir bei Gründung fast sicher, dass wir für die Formulierung der Forderungen an die Politik keine drei Jahre brauchen würden, wenn solch kompetente und potente Unternehmen wie zum Beispiel Siemens, ABB, RWE, Schott Solar, Deutsche Bank ihre Kompetenz bündeln und gemeinsam erarbeiten, was sie an Rahmenbedingen für die Umsetzung von Desertec brauchen. Doch offenbar hat die Dii es nicht geschafft, die Kompetenz der Partner dafür zu aktivieren und zu nutzen." Derweil schreite die Energiewende voran, es würden weitreichende Festlegungen für die Zukunft getroffen – ohne Berücksichtigung von Desertec.
Der Markt und die Investitionsperspektive, die die Dii schaffen wollte, ließen deshalb auf sich warten, so Führ. "Für einige ist das sogar fatal. Ein erster Gründungsgesellschafter ist pleite. Andere gehen von Bord oder spielen zumindest mit dem Gedanken, auszusteigen." Prominentestes Beispiel sei Siemens. Deutschlands größter Technologie-Konzern hatte kürzlich überraschend entschieden, seine Mitgliedschaft zum Jahresende auslaufen zu lassen. Darüber ist Führ erbost: "Das sind schädliche Signale für Desertec - und für die Unternehmen, die aussteigen. Sich zurückzuziehen, wenn es schwierig wird, zeigt, dass Nachhaltigkeit für einige nur ein Lippenbekenntnis ist. Wie ernst nimmt der aktuelle Vorstand bei Siemens die eigene Vision eines grünen Unternehmens?" Vielleicht korrigiere sich der Vorstand von Siemens in der letzten Sekunde, vielleicht blieben Bosch und andere Wackelkandidaten dabei. "Das wäre gut und glaubwürdig." Jeder der Gesellschafter und Partner trage Verantwortung für den sehr unbefriedigenden Stand von Desertec und sollte sich jetzt stärker statt schwächer engagieren.