Sinkende Auflage, weniger Werbung: Wie lange überlebt der "Focus", nachdem es selbst Pleite-Gerüchte beim SPIEGEL gibt? Neuer „Focus“-Chefredakteur Jörg Quoos erklärt im F.A.Z.-Interview seine Ziele und kritisiert Google.
Zwanzig Jahre lang hat Jörg Quoos für den Springer-Verlag und bei der „Bild“-Zeitung gearbeitet, zuletzt als Blattmacher und Stellvertreter des Chefredakteurs Kai Diekmann. Seit dem 1. Januar ist Quoos Chefredakteur des „Focus“. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z./Freitagsausgabe) verrät er, was er vorhat und – kritisiert den Suchmaschinenkonzern Google.
„Ein Nachrichtenmagazin“, sagte Quoos der F.A.Z., „kann nicht überleben, wenn es nur erklären will. Sie brauchen eigene Zugänge, sie brauchen eigene Geschichten, sie brauchen exklusive Hintergründe. Aber nur Nachrichten sind auch zu wenig. Sie müssen den Lesern in einer immer komplexeren Welt den Weg weisen. Auch mit gut recherchierten Nutzwert-Geschichten, die eine Stärke des ‚Focus‘ sind.“ Zum aktuellen Thema Leistungsschutzrecht hat Quoos eine klare Haltung: „Google bereichert sich an unseren Inhalten, und das ist eine Erzsauerei. Wir brauchen ein Leistungsschutzrecht. Dass sich die französischen Verlage mit sechzig Millionen Euro, die Google in einen Digitalfonds zahlt, abspeisen lassen, halte ich für einen schlechten Witz. Das kann für uns kein Vorbild sein.“
Was seine persönliche Entscheidung angeht, zu „Focus“ zu wechseln, sagte Quoos im F.A.Z.-Interview, er habe es sich nicht leichtgemacht. „Am Ende habe ich mir gesagt: Es ist ein absolut spannendes Projekt, den ‚Focus‘ weiterzuentwickeln. Mich fasziniert das Themenspektrum. Und man kann beim ‚Focus‘ als Chefredakteur seine politische Seele ausleben“. Er werde „versuchen, die Politik, wenn sie richtig wichtig ist, aufs Cover zu heben“, sagte Quoos der F.A.Z. „Die Frage ist: Wann ist die Politik auch für den Leser so relevant, dass sie auf die Seite eins muss? Das ist dann der Fall, wenn sie mein Leben gravierend berührt oder außergewöhnliche Dramen erzählt.“ Bei der Niedersachsenwahl habe er die gesamte Redaktion zu einer Sonderschicht beordert: „Ich habe achtzig Kollegen das Wochenende verdorben, indem ich sie gebeten habe, in die Redaktion zu kommen. Wir haben am Sonntagabend ein Wahlspecial erarbeitet, 28 Seiten, und es in einer Teilauflage nachgeschickt. Um 23.44 Uhr kam das Ergebnis des Landeswahlleiters, um zehn Minuten vor zwei sind wir fertig gewesen.
Zu möglichen Veränderungen in der Redaktion hält sich Quoos im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bedeckt: „Wenn ich mir ansehe, wie andere an ihren Organigrammen herumschrauben und mit Ressortzuständigkeiten jonglieren, wird mir schwindlig. Ich will den Teamgedanken implementieren und die Ressorts zur Zusammenarbeit bringen. Wichtig dabei ist: Bei komplexen Recherchen, an denen viele beteiligt sind, muss einer als Verantwortlicher den Hut aufhaben und koordinieren. Nur Redaktionen, die alle Kraft in Recherche stecken und nicht in interne Konkurrenzkämpfe, werden am Ende die Nase vorn haben.“
Zu Auflagenvorgaben sagte der neue Chefredakteur gegenüber der F.A.Z., der Burda-Verlag halte ihm „keine Zahl vor die Nase. Ich habe den Eindruck, dass Inhaber und Geschäftsführer mindestens genauso auf die Qualität des Heftes achten. Der Verlag hat einen langen Atem und macht den Erfolg von Veränderungen bei ‚Focus‘ nicht ausschließlich von Montagszahlen abhängig.“ Der „Focus“ verkaufte pro Woche zuletzt (IVW IV/2012) eine Auflage von knapp 565 000 Exemplaren.
Anmerkung der MMnews Redaktion:
Offenbar verwechselt die FAZ Wochenzahlen mit Quartalszahlen. Laut Burda Medialine verkaufte Focus im letzten Quartal 2012 rund 565000 Exemplaren und nicht pro Woche!
Im vierten Quartal 2012 liegt die verkaufte Auflage von FOCUS demnach bei 564.939 Exemplaren
Abo Einzelverkauf Lesezirkel Bordexemplare Sonstiger Verkauf | 203.619 105.419 83.203 152.994 19.704 |
Gesamtverkauf | 564.939 |