Auch der Wirtschaftsweise Volker Wieland lehnt die geplanten Anleihekäufe als überflüssig ab. „Es ist nicht notwendig, nun auch noch mit breit angelegten Staatsanleihekäufen auf den Ölpreisverfall zu reagieren. Die EZB sollte nicht nur auf Deflationsrisiken schauen, sondern auch berücksichtigen, dass sie als Käufer von Staatsanleihen den Regierungen zusätzlichen Anreiz gäbe, notwendige Strukturreformen aufzuschieben“, sagte Wieland der WirtschaftsWoche.
Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz Group, hält ebenfalls nichts von den Anleihekäufen. „Ich sehe derzeit keine Deflationsgefahren, die Staatsanleihekäufe rechtfertigen könnten“, betonte Heise in der WirtschaftsWoche. „Ohne die notwendigen Anpassungsprozesse in den Peripherieländern und dem ökonomisch vorteilhaften Ölpreisrückgang läge die aktuelle Inflationsrate in etwa um einen Prozentpunkt höher, als es derzeit der Fall ist.“
Unterstützung finden die Pläne der EZB beim Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. „Seit Anfang 2009 ist der Zuwachs der Geldmenge M3 mit durchschnittlich 1,7 Prozent weit hinter dem Referenzwert von 4,5 Prozent zurückgeblieben, den einst EZB und Bundesbank für sinnvoll hielten. Entsprechend schwächelt die Konjunktur, während der Preisauftrieb auch ohne Öl gefährlich nah an die Deflation herankommt“, erklärte Schmieding. „In dieser Lage muss die EZB mit einer Offenmarktpolitik gegenhalten, also mit dem Kauf von Anleihen auf dem offenen Markt, der auch Staatsanleihen umfassen sollte.“
Für Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), ist der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB „in letzter Instanz ein notwendiges Übel, um ihrem Mandat gerecht zu werden.“ Er warnte gegenüber der WirtschaftsWoche gleichwohl: „Die EZB verfehlt ihr Mandat der Preisstabilität und ist dabei, ihr wichtigstes Gut zu verlieren: ihre Glaubwürdigkeit“.