Griechenland steckt in einer Krise wie Argentinien sie schon seit Jahrzehnten durchlebt. Dort tobt schon seit Jahren ein regelrechter Schuldenkrieg, zuletzt ausgetragen vor...
Von Claudio Kummerfeld
Griechenland steckt in einer Krise wie Argentinien sie schon seit Jahrzehnten durchlebt. Dort tobt schon seit Jahren ein regelrechter Schuldenkrieg, zuletzt ausgetragen vor US-Gerichten gegen Hedgefonds. Dort hat man dem globalen Kapitalmarkt und dem “Klassenfeind” Nr. 1 (USA) kräftig Paroli geboten – so sieht es nach außen zumindest aus, und es ist ja immer gut für die Volksseele, wenn man einen Feind hat, der an allem schuld ist. Was für Argentinien die USA, ist für Griechenland Deutschland. Dem eigenen Wahlvolk einen Feind vorzusetzen, beruhigt das Wahlvolk und kanalisiert die Wut. Natürlich kann man beide Situationen nicht 1:1 vergleichen (vor allem wg. der Währung), aber das Wichtigste ist identisch: eine strukturelle Krise der Wirtschaft. Griechenland kann viel von Argentinien lernen – oder hat es das vielleicht schon getan?
BIP gekoppelte Anleihen
Anleihen, die an die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts gekoppelt sind, werden nicht bedient (keine Zinszahlungen), wenn das Land nicht eine festgelegte Mindestschwelle an Wachstum überschreitet. Diese Variante kam in der Vergangenheit in Argentinien zum Zuge. Wenn die Statistik-Behörde, die diese Zahlen erstellt, unabhängig und seriös Zahlen erstellt, ist das grundsätzlich eine gute Idee. Ein Land wird so von Zinslasten befreit, solange die Wirtschaft nicht wächst. Natürlich ist das ein Problem, wenn sie dauerhaft gar nicht wächst und dazu noch die amtliche Statistik frisiert werden würde. Diese Idee eines Zinszahlungs-Modells ist auch seit einigen Tagen in Europa im Umlauf.
Druck aufbauen
Wie am Anfang erwähnt, ist es essenziell wichtig eine “Gut gegen Böse”-Atmosphäre zu schaffen, damit die Öffentlichkeit sich auf die eigene Seite stellt und der Gegenüber in die moralische Defensive gerät. Argentiniens Präsidentin Kirchner und ihr Finanzminister machten die USA und die US-Hedgefonds zu “Aasgeiern”. Alexis Tsipras und sein Finanzminister Varoufakis touren seit Tagen durch Europa und bauen ebenfalls eine “Wir gut – die da böse”-Stimmung auf.
Privatgläubiger und der Schuldenschnitt
Argentinien hatte sich mit Privatgläubigern auf einen Schuldenschnitt sowie die pünktliche Rückzahlung des verbleibenden Rests geeinigt, was bei Gläubigern, die damals nicht zustimmten, bis heute zu endlos langen Rechtsstreitigkeiten führt. Der argentinische Staat hält die Fahne hoch und trotzt bisher dem Sturm. Griechenland könnte ebenfalls versuchen Privatgläubiger ein Angebot zu machen. Ein Rechtsstreit mit Hedgefonds oder sonstigen “Investoren”, so wie Argentinien ihn derzeit austrägt, wäre für Alexis Tsipras der Ritterschlag der linken Szene in Europa und würde den gesellschaftlichen Druck auf die Regierungen der EU-Staaten weiter erhöhen sich ihm anzunähern.
Umschuldung in Langläufer
Man kann, was eine Art weichgespültes Moratorium ist, in Langläufer umschulden, z.B. von Anleihen mit kurzer Laufzeit in 30jährige Anleihen. So sind alle erst einmal glücklich und wahren ihr Gesicht. Man kann einige Maßnahmen als Guerilla-Taktik bezeichnen, oder Zaubertrick, oder auch kreative Haushaltsführung. Egal, am Ende zählt nur die kurzfristige Liquidität.
Anmerkung: Wie vor wenigen Minuten verkündet wurde, scheint es ein Angebot der EU für einen Kompromissvorschlag mit Griechenland zu geben. Der aufgebaute Druck von Alexis Tsipras scheint erste Früchte zu tragen.
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