Politiker mögen in ihrer Blase die Schuldenorgie schönreden. Mit Begriffen wie "Sondervermögen" kann man die Massen blenden. Doch Geld ist ein scheues Reh, irgendwann ist es weg.
Von Meinrad Müller
Seit Friedrich Merz an politischem Einfluss gewonnen hat, wird es für Anleger schwieriger, ihr Vermögen sicher und planbar zu schützen. Was früher als Grundlage für wirtschaftliches Vertrauen galt, unterliegt heute einem neuen, schnell wandelbaren Verständnis.
Schulden werden nicht mehr abgebaut. Sie werden neu benannt. Haushaltszahlen gelten als dehnbar. Begriffe wie „Vermögen“, „Bremse“ oder „Verantwortung“ bekommen eine neue Bedeutung. Das verändert nicht nur die Spielregeln im Bundestag. Es verändert auch die Lage am Kapitalmarkt.
Wer sein Geld langfristig absichern will, muss sich auf feste Eckpfeiler verlassen können. Doch wo früher Klarheit herrschte, zählt heute Flexibilität. Anleger stellen sich die Frage, worauf sie sich noch verlassen können. Oder ob sich überhaupt noch etwas voraussagen lässt.
Im Zentrum der neuen Merz'schen Volkswirtschaft steht die zweifelhafte Idee, dass Schulden kein Problem sind. Sie werden mittels der Presse als Teil des gesellschaftlichen Zusammenhalts verkauft. Wer neue Schulden mitträgt, soll als verantwortungsbewusst gelten. Ob das wirklich so ist? Oder haben wir es mit einer neuen Form der Schönfärberei zu tun? Die Gefahren am Kapitalmarkt sind nicht absehbar.
Auch die Bewertung von Risiken hat sich geändert. Haushaltslöcher sind jetzt Zukunftsinvestitionen. Wer nach dem echten Schuldenstand fragt, bekommt keine Antwort. Stattdessen heißt es, man müsse „in Jahrzehnten denken“. Was sagt ein Kleinaktionär dazu, der nur noch in Quartalen planen kann?
Früher wurde zwischen Investition und Umverteilung unterschieden. Heute verschwimmt diese Linie. Alles ist „für das Klima“, „für den Frieden“ oder „für die Zukunft“. Wer möchte sich da noch verweigern? Manche tun es, werden dafür als rückständig beschimpft.
Unter dem Vorwand der Krisenbewältigung entsteht eine neue Ordnungspolitik. Marktsignale spielen keine Rolle mehr. Zinserhöhungen, Kapitalflucht und Inflation werden nicht als Warnungen gesehen. Man erklärt sie zu Begleiterscheinungen eines guten Kurses. Das kann das auf Dauer nicht gut gehen?
Auch der Begriff „Haftung“ verliert an Gewicht. Wer entscheidet, haftet nicht. Wer haftet, wurde nicht gefragt. Eigentum verliert an Bedeutung. Dafür steigt die Bedeutung politischer Erzählungen. Das hat Folgen für Vertrauen, Rechtssicherheit und Standortwahl.
Die Wirtschaft hat sich schon oft gewandelt. Aber selten wurde der Bruch mit alten Prinzipien so offen verkauft. Dass dabei Vertrauen verloren geht, scheint keinen zu kümmern. Oder doch?
Kapital braucht Verlässlichkeit. Wer diese ersetzt durch Absichtserklärungen, riskiert den Abfluss. Geld hat Ohren wie ein Reh und schnelle Füße wie ein Hase. Es hört, wenn sich Prinzipien auflösen. Es läuft dorthin, wo Zahlen noch zählen und nicht nur erklärt werden.