Merkel beim EU-Gipfel unter Druck. EU-Diplomaten: Wettbewerbspakt und verstärkte wirtschaftspolitische Koordination in Kritik. „Pläne hatten nicht die Anziehungskraft, wie man sich das in Berlin vorgestellt hatte.“
Die Bundesregierung ist beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag stärker unter Druck geraten als bisher bekannt, berichtet die Zeitung „Die Welt“ (Samstagausgabe) unter Berufung auf hochrangige EU-Diplomaten. „Die Pläne von Kanzlerin Merkel haben beim Gipfeltreffen nicht die Anziehungskraft entwickelt, wie man sich das in Berlin vorgestellt hatte“, sagte ein hoher Diplomat dem Blatt. EU-Kreise beschrieben die Diskussionen während des Gipfeltreffens als „intensiv“ und „hitzig“. Wie die Zeitung weiter berichtete, kritisierten mehrere EU-Regierungschefs – darunter Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker - die Vorgehensweise von Deutschland und Frankreich bei der Ausarbeitung und Präsentation der Pläne für eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordination in Europa. Auch der gemeinsame Presseauftritt von Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy vor dem Mittagessen während des Gipfeltreffens sorgte anschließend bei mehreren Regierungschefs für Missfallen.
Aber auch in inhaltlichen Fragen gab es Kritik. So kritisierten die Benelux-Staaten und Polen, dass die EU-Kommission und das Europäische Parlament bei dem geplanten neuen Wettbewerbspakt weitgehend außen vor blieben und die Lage von Ländern ohne Euro-Währung nicht geklärt sei. Großbritanniens Regierungschef Cameron wiederum bemängelte, dass die geplante gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen innerhalb der Wirtschaftsregierung zu einer Gefahr für den Binnenmarkt werden könnte. Zypern und Irland wendeten sich gegen Vorschläge für eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer. Mit Blick auf die Bundesregierung sagte ein Diplomat: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir im März mit den Beschlüssen schon so weit kommen werden, wie sich das einige vorstellen.“