Vor etwa 60 Jahren hat Immanuel Velikovsky mit seinen Forschungen fast die gesamte wissenschaftliche Welt auf den Kopf gestellt. Aktuelle Ereignisse wie der Atomunfall in Japan, EHEC oder Terrorwarnungen erscheinen vor dem Hintergrund seiner Thesen in einem ganz anderen Licht. Die Wiederentdeckung des Werks von Immanuel Velikovsky: Eine aufrüttelnde und befreiende Wahrheit.
von Enno Samp
Vor etwa 60 Jahren hat Immanuel Velikovsky mit seinen Forschungen fast die gesamte wissenschaftliche Welt auf den Kopf gestellt. Aktuelle Ereignisse wie der Atomunfall in Japan, EHEC oder Terrorwarnungen erscheinen vor dem Hintergrund seiner Thesen in einem ganz anderen Licht. Bald nach seinem Erscheinen führte sein erstes Buch die Bestsellerliste der New York Times an. Wenig später wurde sein Verleger genötigt, das Buch aus dem Programm zu nehmen. So konnten seine Erkenntnisse bis heute unmöglich, in unser Weltverständnis eingehen. Dabei wäre das sehr hilfreich, da dieses Umdenken eine ebenso einfache wie radikale Variante zur Lösung einer Vielzahl von Problemen der heutigen Menschheit bietet.
Dr. Immanuel Velikovsky, geboren 1865 in Weissrussland, studierte Medizin, Naturwissenschaften, Philosophie, alte Geschichte und Jura. Neben seiner Tätigkeit als Arzt studierte er darüber hinaus Psychiatrie und Psychologie bei dem Freud-Schüler Wilhelm Stekel. Die intensive Beschäftigung mit historischen Quellen im Rahmen eines Buchprojektes über Freuds Traumdeutung enthüllte ihm gegenüber dem herrschenden Verständnis völlig neue erd- und menschheitsgeschichtliche Zusammenhänge, die in Form eines Traumas in das kollektive Unbewusste der Menschheit verdrängt wurden. Seine Ergebnisse veröffentlichte er in den Büchern „Welten im Zusammenstoss“, „Erde im Aufruhr“ und „Menschheit im Gedächtnisschwund“.
Das Verdrängen von schrecklichen, traumatischen Erlebnissen in das Unbewusste ist eine normale menschliche Reaktion. Ebenso normal sind große Widerstände beim späteren Bewusstmachen dieser Erlebnisse. Der erfahrene Psychotherapeut weiß um diese Zusammenhänge und führt seinen Patienten behutsam dorthin. Bei einem kollektiven Trauma ist dieser behutsame und begleitete Prozess jedoch unmöglich. So blieb Velikovsky nur die Variante, seine Erkenntnisse sogleich komplett darzulegen – für den „Patienten Menschheit“ gänzlich unvorbereitet, plötzlich und ohne therapeutische Begleitung. Daher war es ihm klar, dass es darauf heftige Gegenreaktionen geben würde. Trotz zahlreichen Zustimmungen, u.a. von Albert Einstein, mit dem er freundschaftlich verbunden war, haben die Ablehnungen und Diskreditierungen – heute zu sehen an den zahlreichen Kommentare zum Velikovsky-Artikel auf Wikipedia – bis zu seinem Tod angedauert.
Warum konnte es zu derart starken Reaktionen kommen? - Nun, weil seine Bücher neben dem wieder-bewusst-Machen der traumatischen Erlebnisse der Menschheitsgeschichte auch an den Säulen zahlreicher Wissenschaften rütteln. Vor dem Hintergrund seiner Erkenntnisse sind insbesondere die Fächer Astronomie, Geologie, Paläontologie, Biologie, Geschichte, Religion und Psychologie stark revisionsbedürftig.
Der heutige Zustand der Erde und ihre Position im Sonnensystem sind das Ergebnis von mehreren planetarischen beinahe-Kollisionen, die die Neigung der Erdachse, die Dauer des Tages, Monats und Jahres sowie die grundlegenden geologischen Verhältnisse deutlich verändert haben. Entscheidend ist dabei, dass die letzten dieser Ereignisse noch in historischer Zeit im 15. und im 7. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung stattgefunden haben. Unsere Vorfahren vor gerade einmal ca. 100 Generationen waren Zeugen von kosmischen Ereignissen mit unvorstellbaren Naturkatastrophen, die die Menschheit mehrmals fast vollständig vernichtet und das Verschwinden von zahlreichen Tierarten bewirkt haben.
Diese Ereignisse sind in der Sprache und dem Verständnis der damaligen Menschen überliefert. Sie sind aufgeschrieben in der Bibel, der Ilias, in ägyptischen Hieroglyphen und vielen weiteren Texten in nahezu allen Kulturen auf dem ganzen Globus. Nur ein kurzes Beispiel:
Die chinesischen Annalen aus der Zeit des Kaisers Yahou berichten, dass die Sonne zehn Tage lang nicht unterging, die Welt in Flammen stand und die Wasser des Meeres sich in die grössten Höhen auftürmten. Die amerikanischen Choctaw-Indianer erzählen von einer Zeit, in der die Erde lange Zeit in Finsternis getaucht war und schließlich berghohe Wellen in Windeseile näher kamen. Wenn in China die Sonne tatsächlich tagelang ununterbrochen geschienen hat, muss die Erde in ihrer Rotation angehalten worden sein. Das führt auf der gegenüberliegenden Seite der Erdkugel für die gleiche Dauer zu Dunkelheit, wie es die Choctaw bestätigen. Aufgrund der Trägheit der Masse bewegen sich die Ozeane weiter und würden dann vermutlich hunderte Meter hohe Flutwellen ausgelöst haben, die sich Zig oder Hunderte von Kilometern weit über das Land bewegen, wie beide Quellen berichten. Schließlich stammen beide Quellen nachweisbar aus etwa der gleichen Zeit.
Bei so vielen Übereinstimmungen von zwei räumlich am denkbar weitest entfernten Quellen ist die zufällige Verwendung der gleichen bildreichen Sprache für die Beschreibung eigentlich normaler Ereignisse wie einer schlimmen Sturmflut oder sogar eine reine dichterische Erfindung ausgeschlossen. Es muss sich in beiden Fällen um sehr realistische Tatsachenbeschreibungen von verheerenden Katastrophen handeln. Derartige übereinstimmende Beschreibungen von außergewöhnlichen Naturereignissen mit katastrophalen Folgen belegt Velikovsky in einer enormen Anzahl. Dazu gehört auch der Auszug der Israeliten aus Ägypten mit allen dort beschriebenen Wundern, für die es auch Entsprechungen in Quellen aus anderen Kulturen gibt.
Die schriftlichen Quellen werden durch die Beweise in der Geologie bestätigt. Eingefroren im Eis Alaskas finden sich bergeweise Knochen von unterschiedlichsten Lebewesen – ausgestorbene und heute noch lebende Arten, große und kleine, Raubtiere und ihre vermutlichen Opfer. Sie sind wild durcheinander gewirbelt und auf das Heftigste zertrümmert, durchmischt mit zerfetzten und ineinander verschlungenen Bäumen. Schließlich sind Speerspitzen aus Stein darunter, wie sie noch vor wenigen Generationen von Indianern benutzt worden sind. Charles Darwin notierte dazu in sein Reisetagebuch: „Die grössere Zahl, wenn nicht sämtliche dieser ausgestorbenen Säugethiere haben in einer späten Periode gelebt (…). Was hat denn nun so viele Species und ganze Gattungen vertilgt? Zunächst wird man unwiderstehlich zu der Annahme einer grossen Katastrophe getrieben; aber um hierdurch Thiere, und zwar grosse als kleine im südlichen Patagonien, in Brasilien, auf der Cordillera, in Peru, in Nord-America bis hinauf nach der Beringstrasse zerstören zu lassen, müssten wir das ganze Gerüste der Erde erschüttern.“
Die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung war für Darwin offensichtlich unvorstellbar. Vielleicht, weil es zu schrecklich war, um sich ein derartiges Ereignis vorstellen zu wollen oder zu können. Er befindet sich damit in guter Gesellschaft von führenden Gelehrten. Denn seit Aristoteles – d.h. etwa 300 Jahre nach der letzten Katastrophe – entspricht es dem gängigen Weltbild, das insofern durch die kopernikanische Wende nur eine geringfügige Korrektur erfahren hat: Die Erde und die Planeten umkreisen die Sonne seit Äonen in immer gleichen Bahnen. Alle Entwicklung passierte evolutionär im Laufe von Jahrmillionen. Die Erde ist ein sicherer Ort – abgesehen von menschengemachten Ursachen wie Atomkatastrophen.
Aber Immanuel Velikovsky zeigt uns, dass das ein Irrtum ist. Die Venus war einst ein Komet, der die Bahn der Erde kreuzte, so dass es beinahe zu einer Kollision gekommen wäre. Diese und ähnliche Ereignisse haben unsere Vorfahren zuletzt vor weniger als 3.000 Jahren miterlebt und für die Nachwelt weiter erzählt und aufgeschrieben. Nur wenige Generationen danach hat mit Aristoteles der bis heute andauernde Prozess der kollektiven Verdrängung dieser schrecklichen Erlebnisse eingesetzt. Velikovsky verwendet in diesem Zusammenhang den von C. G. Jung eingeführten Begriff des kollektiven Unterbewussten der Menschheit. Er korrigiert Freuds Ödipus-Theorie, wonach der Vatermord des Ödipus ursächlich für aktuelle psychische Probleme der Menschheit sei. An die Stelle des Ödipus gehören die verdrängten Erlebnisse unserer Vorfahren von kosmischen Katastrophen.
Insbesondere dieser psychologische Anteil der Arbeit Velikovskys ist extrem aufschlussreich. Denn das bedeutet, dass diese verdrängten Erlebnisse auf andere Art immer wieder in unser Bewusstsein und unser Erleben drängen, bis wir uns das ursprüngliche Trauma wieder bewusst machen. Anstatt zu wissen bzw. zu akzeptieren, dass die Venus die Erde vor vergleichsweise sehr kurzer Zeit fast gestreift hat, so dass sich am Himmel ein Schauspiel darbot, das unsere Vorfahren für einen Kampf der Götter hielten, bei dem die Erde kochte, in ihren Grundfesten erschüttert wurde, Gebirge sich in kürzester Zeit erhoben und die Menschheit fast vollständig vernichtet wurde, statt dessen begegnen uns nun immer wieder Katastrophen von zunehmend nahezu globalen Ausmaßen. Velikovsky hatte zu seiner Zeit den Ost-West-Konflikt mit der Gefahr eines Atomkrieges vor Augen. Heute sind es zivile Atomunfälle, AIDS, EHEC oder Terroranschläge.
Auch viele gesellschaftliche Phänomene wie die Sehnsucht nach Leid lassen sich so erklären. Die Menschen wünschen sich ein angenehmes Leben, aber sie beschäftigen sich zu einem großen Teil vornehmlich mit Leid. Sei es in den Nachrichten oder in der Unterhaltung untereinander, wenn primär Krankheitsgeschichten oder sonstige dramatische Erlebnisse ausgetauscht werden. Oder mit dem enormen Leid und Drama in Kunst und Kultur, das im übrigen ein verbindendes Element von Techno und Heavy Metal bis zur sogenannten Hochkultur ist. Wie viele Morde und Tragödien werden Tag für Tag – gesellschaftlich höchst akzeptiert und subventioniert – in Opern, den Dramen von Elfriede Jellinek oder im „Tatort“ inszeniert?
Die Mechanik der Psyche, die verdrängten Schreckenserlebnisse wieder ins Bewusstsein zu rufen, funktioniert mit höchster Präzision. Dabei hat sie nur den einen Zweck, das Trauma durch das Bewusstmachen aufzulösen. Und genau darum geht es Immanuel Velikovsky. Er zeigt uns in den Inhalten des kollektiven Unbewussten eine – oder „die“ – Ursache gerade auch für die aktuellen Katastrophen. Das Ziel ist einzig das Auflösen dieses kollektiven menschlichen Traumas, denn das ist die Voraussetzung für echten Frieden und Zufriedenheit der Menschheit und somit für ein wirkliches Ende von Krieg, Terror, Unterdrückung, Hunger und Krankheit. Bis zum Auflösen des Traumas wird das verdrängte Erlebnis auf anderen Ebenen wieder und wieder ins Bewusstsein gerufen. Wenn ein Symptom beseitigt ist, taucht früher oder später ein neues auf.
Trotz allem ist und bleibt die Erde für uns eine guter Planet. Sie ist – zumindest in unserem Sonnensystem – der einzige Planet, der die für unser Leben genau passenden, notwendigen Bedingungen hinsichtlich Temperatur, Atmosphäre, Magnetfeld, Wasser, Nahrung usw. bietet. Die Erde nährt uns, schützt uns und gibt uns Heimat. Das gewahr-Werden der von Velikovsky beschriebenen wahren Geschichte unseres Planeten lehrt uns Demut und Dankbarkeit.
P.S.
Seit kurzem ist Velikovskys Werk in einer deutschen Neuauflage vollständig erhältlich. Gerade den Skeptikern sei eine Lektüre der drei genannten Bücher dringend empfohlen. Denn was seine Kritiker vor allem verbindet, ist eine vorschnelle Ablehnung derzufolge die vollständige Lektüre ausgeblieben ist. Denn nahezu jedem, der sich intensiv mit seinen Argumenten und Belegen befasst hat, erschließen sich deren zwingende Logik und Stichhaltigkeit. www.velikovsky.de