Bundestagspräsident Lammert gegen Volksabstimmungen über Europa-Fragen. Er sehe gegenwärtig keinen Punkt, der eine Volksabstimmung nötig oder vernünftig erscheinen lasse. - Zu "Sondergremium" für Euro-Fragen: „Man muss nicht befürchten, dass da ein Geheimgremium entsteht, das sich verselbständigt“.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hält nichts von Volksabstimmungen über europäische Themen. Entscheidungen über Steuer- und Haushaltsfragen müssten davon ohnehin ausgeschlossen bleiben, sagte er im Interview der Frankfurter Rundschau (Samstag-Ausgabe).
Das gelte auch für den demnächst anstehenden Beschluss über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM. Selbst bei so substanziellen Themen, die eine Grundgesetzänderung erforderten, bleibe die Notwendigkeit eines Referendums fraglich. Er sehe gegenwärtig keinen Punkt, der eine Volksabstimmung nötig oder vernünftig erscheinen lasse.
Lammert verteidigt Geheimgremium für Euro-Fragen
Bundestagspräsident Norbert Lammert hat Kritik an dem geplanten Sondergremium des Bundestages zurückgewiesen, das über eilige Schritte zur Euro-Stabilisierung entscheiden soll. „Man muss nicht befürchten, dass da ein Geheimgremium entsteht, das sich verselbständigt“. Die Zuständigkeiten seien eng begrenzt. Für alle wesentlichen Fragen bleibe der Bundestag im Ganzen zuständig.
Das Bundesverfassungsgericht hatte die Einrichtung des sogenannten Neunergremiums nach einer Klage zweier SPD-Abgeordneter in einer Eilentscheidung unterbunden. Die Abgeordneten befürchten die Beschneidung der Rechte des Parlaments durch das geheim tagende Gremium. Die Entscheidung in der Hauptsache ist noch offen.
Rederecht für Abweichler
Der Bundestagspräsident hat seine Entscheidung verteidigt, in der Euro-Debatte des Bundestages auch Abweichler aus der Koalition reden zu lassen. Er würde in ähnlicher Lage wieder so entscheiden, sagte er der Frankfurter Rundschau.
Lammert war vor allem von der Fraktionsführung der CDU/CSDU kritisiert worden, die keine Kritiker des Regierungskurses zur Euro-Rettung aus ihren Reihen zu Wort kommen lassen wollten. Es sei wichtig, dass die Sorgen, Zweifel und Einwände vieler Bürger an dieser Politik auch im Parlament zur Sprache kämen, sagte der Bundestagspräsident.