Im Kampf gegen vermeintliches Schwarzgeld setzen Behörden auf Hunde. Zuständig dafür ist die "Sondereinsatztruppe für Bargeld". - Projekt „Banknote“: München hat eine neue Staffel Bargeld-Spürhunde abgerichtet. Der Innenstaatssekretär Gerhard Eck hat die Vierbeiner letzte Woche höchstpersönlich vorgestellt. - Bargeldschnüffelhunde auch an Flughäfen im Einsatz.
von Michael Mross
35000 Zöllner jagen in Deutschland täglich Schmuggler. Dabei haben sie in lezter Zeit besonders ein Ziel: Geld. Wer mehr als 10000 Euro besitzt gilt potentiell als Terrorist oder Geldwäscher. Im Kampf gegen vermeintliches Schwarzgeld setzen die Behörden auf neue Wege und einen bewährten Schnüffler: den Hund. Stolz präsentierte Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck neue "Banknoten-Hunde" des Polizeipräsidiums München letzte Woche. Die Vierbeiner sollen angeblich „Falschgeld“ erschnüffeln, doch eingesetzt werden sie gegen normale Euros. Erfolgsmeldungen gibt es auch schon: Die Behörden in Bayern verkündetetn, dass die Banknoten-Hunde bereits 16000 Euro "illegales Bargeld" erschnüffelten.
Angeblich handelt es sich um Rauschgifthunde, die „weitergebildet“ wurden. Auch ein Hund lernt ja bekanntlich nie aus. Und große Bargeldsummen sind ja in letzter Zeit ein immer größeres Problem. Der vierbeinige Bargeldschnüffler untersteht übrigens dem Zoll.
Kein Scherz: Das mag zwar alles ziemlich witzig klingen – ist aber bitterer Ernst in Deutschland. Immer häufiger setzen Behörden Hunde ein, um Bargeld zu erschnüffeln Wer nicht nachweisen kann, woher das Geld stammt, der hat ein Problem. Die Ermittlungsbehörden sprechen vom Projekt „Banknote“. Sogar auf Flughäfen wird im Gepäck per Hund immer öfter nach Geld und nicht nach Rauschgift geschnüffelt.
So berichtete das ZDF bereits 2008 von Bargeldschnüffelaktionen an Flughäfen und präsentierte ein solch armes, abgerichtetes Tier in Aktion: Hunderte Gepäckstücke, dazwischen der gute alte Schäferhund, wild schnüffelnd. Plötzlich hält der Hund inne, fängt an zu bellen. Ein Hand greift zielgerichtet in einen Rucksack: Und siehe da: ein kleines Bündel Geld kommt zu Tage. Braver Hund!
Die Szene sah natürlich sehr gestellt aus. Nichts anderes ist man ja gewohnt bei den Öffentlich-rechtlichen. Aber sie verfehlt ihre Wirkung nicht. Jeder, der ein bisschen Geld hat, soll jetzt zittern. Schließlich ist die Welt ja nicht nur voll von bedrohlichen Terroristen, sondern auch verseucht mit Geldwäschern.
Das Projekt Banknotenhunde folgt einem österreichischen Vorbild. Dort kommen Ermittler seit Jahren erfolgreich Bargeld mit Spürhunden auf die Schliche. Doch auch in Deutschland ist der Bargeldspürhund mittlerweile Realität.
Bargeldspürhunde am Flughafen Frankfurt
Die FAZ berichtet von erfolgreichen Bargeldschnüffelaktionen am Flughafen Frankfurt: "Entschlossen schnüffelt Schäferhündin „Dina“ an den Abreisenden am Gate B 12 des Frankfurter Flughafens. Mal riecht sie an den Füßen, mal an der Hüfte, mal im Schritt. Plötzlich bleibt sie sitzen und starrt auf die Gürteltasche eines Mannes. Das ist das Signal für ihr Herrchen, das in dem Beutel mehrere Bündel 200- und 500-Euro-Scheine findet.
Der Erfolg erfreut nicht nur das zweieinhalb Jahre alte Tier, das mit einem Spielzeug belohnt wird. Auch der Zoll ist begeistert: „Wir gehen davon aus, dass sie Papier und Farbe riecht“, erklärt Zoll-Hundeführer Heiko, der seinen vollständigen Namen nicht in den Medien lesen möchte. „Dina“ findet große Mengen Euro- und Dollar-Scheine. Möglich sei das nur, weil das Geruchsvermögen von Hunden eine Million mal besser sei als das der Menschen."
Jeder, der ein paar Euro zu viel in der Tasche hat gilt sofort als Terrorist oder Geldwäscher. Das ist auch die Botschaft der FAZ:
"Geldwäscher zu entlarven, ist dort „Dinas“ Aufgabe. „Illegale Geldströme sollen auch im Hinblick auf Terrorismusfinanzierung lokalisiert werden“, erklärt Andreas Urbaniak vom Hauptzollamt. Eine Strafe droht auch, wenn jemand unangemeldet zu viel Geld transportiert. Die Grenze liegt in Deutschland bei 10.000 Euro."
Michael Mross: Erlebnis mit dem Schnüffelhund
Flug von Berlin nach Frankfurt. Verspätung. Zeitdruck. Endlich steht die Mühle, ein Airbus, in Frankfurt am Gate.
Doch an schnelles Aussteigen ist nicht zu denken. Endlos stehen die Menschen iim Gang. Es will nicht weitergehen.
Als ich an der Flugzeug-Tür stehe, ist die Ursache des künstlichen Staus schnell ausgemacht. Es dürfen immer nur 10 Personen auf einmal den Flieger verlassen. Die Ursache: Der Zoll und ein Hund.
Jeder einzelne Passagier wird von dem Köter (Tierfreunde, bitte verzeiht mir) besprungen, beschnüffelt, beleckt. Ich bin auf 180. In Aktion ein ziemlich überdrehter deutscher Schäferhund, vor dem manch einer auch so schon Angst hat.
Immerhin ist der Amtsvierbeiner an einer Leine, dirigiert von einem Herrchen in Uniform. Der enge Flugzeugzugang, ein idealer Kontrollpunkt. Seitlich steht eine Handvoll bewaffneter Zöllner Spalier, offenbar um Tatverdächtige sofort abzuführen. Und verdächtig sind alle, die hier mit dem Flieger ankamen. Einem Flieger, der wohlgemerkt aus Berlin kommt, also ein innerdeutscher Flug.
Die Passagiere lassen die Prozedur mit teils angstverzerrtem Gesicht und erfolglosen Abwehrversuchen über sich ergehen. Kinder schreien, mutige Manager verziehen keine Miene – streifen sich höchstens nach der Tortur ein paar Hundehaare vom Anzug.
Ich frage einen der hier versammelten Zöllner, was diese Aktion denn solle, schließlich handele es sich um einen innerdeutschen Flug – und außerdem fühlte ich mich in meinen Freiheitsrechten durch solche Kontrollen verletzt.
Antwort: „Das geht Sie gar nichts an! – Wir tun hier nur unsere Pflicht“. Ich frage: „Schnüffeln sie hier nach Bargeld?“ Antwort: „Nein, nach Drogen“.
Da die Strecke Berlin-Frankfurt sicherlich nicht als Drogen-Route bekannt ist, kommt mir diese Aussage rätselhaft vor.
Im Büro lasse ich mich mit dem Hauptzollamt Frankfurt verbinden. In der Pressestelle werde ich aufgeklärt. Am betreffenden Flieger sei die „Überwachungsgruppe“ im Einsatz gewesen. Die Überwachungsgruppe sei nur für Drogen zuständig.
„Achso“ entgegne ich. „Ist denn die Strecke Berlin-Frankfurt eine weltbekannte Drogenroute?“
Die freundliche Amtsstimme entgegnet: „Wie wir unsere Einsätze planen, das müssen Sie schon uns überlassen. Es gebe auch Drogen-Schmuggler, die aus Lateinamerika über Madrid nach Berlin fliegen – und dann nach Frankfurt!“
„Mmmmh“ urteile ich. „Meinen Sie wirklich, dass Drogen-Schmuggler einen solchen Umweg in Kauf nehmen? Die sind doch froh, wenn sie in Deutschland sind. Würden sie nach Frankfurt wollen, dann würden sie ja wohl mit dem Auto oder mit dem Zug fahren und nicht das Risiko eines weiteren Fluges auf sich nehmen. - Haben Sie es nicht vielleicht auf deutsche Kiffer, die zufällig eine Tüte im Handgepäck haben, abgesehen – oder vielleicht auf Bargeld, mit Bargeld-Schnüffelhunden?“
Engagiert antwortet die Stimme am Ende: „Das sind keine Bargeldschnüffel-Hunde, sondern Bargeld-SPÜRhunde!“
„Aha“ entgegne ich „Und Sie meinen, ihre Überwachungsgruppe hätte keinen Bargeld-Spürhund im Einsatz gehabt?“
Zöllnerin: „Die Überwachungsgruppe ist nur für Drogen zuständig. Für Bargeld ist die Sondereinsatztruppe zuständig, und die sitzt in Köln.“
Ich, mehr als verwundert: „Also Sondereinsatztruppe für Bargeld, Überwachungsgruppe für Drogen – habe ich das richtig verstanden? Das eine ist eine Truppe, das andere nur eine Gruppe?“
Zöllnerin: „Ja, so ist es richtig. Wir sind hier nur für die Überwachungsgruppe zuständig, die Sondereinsatztruppe für Bargeld sitzt in Köln.“
Ich: „Und wie oft ist die Sondereinsatztruppe wegen Bargeld im Einsatz?“
Zöllnerin: „Das kann ich ihnen nicht sagen.“
Ich: „Und wie viele Bargeldschnüffelhunde ähh – Bargeldspürhunde sind bei Ihnen im Einsatz?“
Zöllnerin: „Wir haben hier gar keine Bargeldspürhunde. Wenn wir sie brauchen, dann werden Sie angefordert.“
Ich: „Können Sie mir denn verraten, wie viele Bargeldhunde, äh, Bargeldspürhunde es überhaupt gibt?“
Zöllnerin: „Das kann ich ihnen nicht sagen.“
Ich: „Wie oft kommen denn solche Einsätze vor?“
Zöllnerin: „24 Stunden am Tag. Wir legen das morgens fest, welche Flüge inspiziert werden.“
Ich: „Finden sie das nicht ein wenig übertrieben, innerdeutsche Flüge zu beschnüffeln. Also ich fühlte mich echt unwohl, war im Zeitstress.“
Sie: „Niemand verpasst seinen Anschlussflug, wenn wir Aktionen durchführen. Die Lufthansa ist verpflichtet, das Zeitfenster so zu wählen, dass wir unsere Untersuchungen durchführen können.“
Ich: „Aber in diesem Fall hatten wir Verspätung, und alle Passagiere waren echt entnervt!“
Sie: „Darauf können wir leider keine Rücksicht nehmen. Wir verzichten nicht auf Überprüfungen, nur weil Flüge Verspätungen haben. Das ist dann das Problem der Fluggesellschaft.“
Ich: „Finden sie es normal, dass unbescholtene Bürger von ihren Hunden besprungen, beschnüffelt und beleckt werden?“
Sie: „Diese Hunde sind so dressiert, dass sie passiv anschlagen. Sie gefährden keinen Passagier und beißen nicht.“
Ich: „Aber dennoch – sind solche Kontrollen nicht übertrieben?“
Zöllnerin: „Nein. Wir schützen mit diesen Aktionen den deutschen Bürger, den Staat und die Wirtschaft. Es geht ja nicht nur um Drogen und Bargeld, sondern zum Beispiel auch Geldwäscher, Artenschutz und Terroristen.“
Ich: „Auf innerdeutschen Flügen?“
Sie: „Wo wir unsere Aktionen durchführen, das müssen Sie schon uns überlassen.“