Angstbarometer bei EZB steigt auf neue Rekordmarke: Banken bunkern über eine halbe Billion Euro in der "Angstkasse" der EZB. Niemals zuvor war das Mißtrauen unter den Finanzinstituten so groß.
Das Angstbarometer bei der EZB hat eine neue Rekordschwelle erreicht. Niemals zuvor bunkterten Banken Übernacht so viel Geld bei der Zentralbank. Als Grund wird das drohende Scheitern einer Rettung Griechenlands und die Standard & Poor's Downgrade-Orgie genannt. Das habe das Misstrauen der europäischen Banken untereinander vertieft.
In der Nacht von Montag auf Dienstag parkten die Banken 502 Milliarden Euro überschüssiger Liquidität zu einem Mini-Zins von 0,25 Prozent bei der Europäischen Zentralbank (EZB), statt es sich untereinander zu leihen. So prall gefüllt war die "Angstkasse" noch nie. Dies ist allerdings auch ein unübersehbares Alarmzeichen.
Im Mai 2010 wurde nur ein Drittel der heutigen Summe bei der EZB geparkt. Und dennoch stand das Finanzsystem nach damaligen Angaben der Zentralbank kurz vor dem Zusammenbruch, hieß es in einem Bericht der EZB vom Mai 2010.
Viele Marktteilnehmer erkennen das Alarmsignal jedoch nicht: "An dieses Niveau werden wir uns gewöhnen müssen", sagte ein Börsianer gegenüber Reuters. Der Mann weiss wohl nicht, wovon er spricht, wird aber dennoch von der Nachrichtenagentur als "Stimme" verbreitet, ohne auch nur ein Deut tiefer in die Materie einzusteigen. So lässt Reuters den Mann weiter quatschen: "Es wird noch Jahre dauern, bis das Vertrauen der Banken untereinander wiederhergestellt ist."
Fakt ist jedoch, das überhaupt nichts "Jahre braucht, bis das Vertrauen wiederhergestellt ist". Wenn es nicht gelingt, dass das Bankensystem in Kürze wieder Vertrauen fasst, dann dauert es nur noch Wochen, bis das globale Finanzsystem bricht. Das scheint der zitierte Börsen-Depp jedoch nicht zu verstehen.
Ein anderer von Reuters zitierter Geldmarkt-Händler sagte sogar einen weiteren Anstieg der Übernacht-Einlagen bei der EZB voraus. "Schließlich steht uns der zweite Langfrist-Tender ins Haus." - Wenn es allerdings wirklich dazu kommen sollte, dann droht dem Finanzsystem ernsthafte Gefahr. Ein normaler Börsianer hat gleichwohl kaum eine Ahnung, was am Geldmarkt wirklich abläuft. Wenn sich Banken untereinander nicht mehr trauen, dann steht das Geldsystem am Abgrund.
Viele Banken befürchten, dass Institute - vor allem aus den hoch verschuldeten südeuropäischen Euro-Staaten - wegen der Schuldenkrise von heute auf morgen zahlungsunfähig werden. Daher leihen sie ihnen nicht einmal mehr über Nacht Geld. Stattdessen geben sie es lieber der EZB, weil sie sicher sein können, es wiederzubekommen.
Das ist praktisch auch die gleiche Situation wie im Herbst 2008, unmittelbar nach der Lehman-Pleite. Damals war es die US-Notenbank, welche vom bevorstehenden Kollaps sprach. Auch damals war der Interbankenhandel am Geldmarkt praktisch zum Erliegen gekommen.