Kurt Beck, Cem Özdemir, Ulla Schmidt im Korruptions-Sumpf: Wie der Eventmanager Manfred Schmidt Politker von SPD und Grüne mit Privatjets und Partys gefügig macht. Natürlich streiten alle Beteiligten jede Form der Vorteilsnahme ab.
Der Fall Ulla Schmidt
Die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat ihren 60. Geburtstag am 13. Juni 2009 zumindest teilweise auf Kosten des Eventmanagers Manfred Schmidt begangen. Wie das Magazin "stern" in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, räumt die SPD-Politikerin ein, dass Schmidt ihr "einen Teil seiner 'Residenz'" - ein Luxus-Penthouse am Brandenburger Tor in Berlin - "kostenlos zur Verfügung gestellt" hat. Das Penthouse war auch Veranstaltungsort für die umstrittene, von Manfred Schmidt ausgerichtete Feier, die Bundespräsident Christian Wulff am Abend seiner Wahl am 30. Juni 2010 besuchte. Ulla Schmidt will Getränke und Essen auf ihrer Geburtstagsparty selbst bezahlt haben. Dem widersprechen aber dem "stern" vorliegende interne Unterlagen aus Schmidts Firmenreich.
Ihr Geburtstag sei "mit Freiware abgedeckt", schrieb seinerzeit ein Mitarbeiter des Partyorganisators Manfred Schmidt per Mail an seinen Chef. In einer anderen Mail heißt es wörtlich: "Wein ist noch vorhanden. Wasser wird von Pellergrinio gesponsert", es gebe "140 Liter Heinecken for free", und Sony stelle eine Karaokeanlage zur Verfügung.
Im September 2009 organisierte Manfred Schmidt überdies die "Gesundheitsgespräche am Brandenburger Tor". Er übersandte Einladungen "mit persönlicher Empfehlung von Bundesministerin Ulla Schmidt". Ulla Schmidt sagt dem "stern", sie habe keine Empfehlung ausgesprochen. Manfred Schmidt ließ Fragen des "stern" zu dem Sachverhalt unbeantwortet.
Der Fall Wowereit
Auch der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ließ - sich ähnlich wie Bundespräsident Christian Wulff - von Eventmanager Schmidt zu einem Abendempfang zu seinen Ehren einladen, bei dem er selbst Gäste auswählen ließ. Am 3. Juli 2011 war Wowereit die zentrale Figur eines Events in Schmidts "Residenz". Als Veranstalter zeichnete neben Manfred Schmidt der frühere Interconti-Generaldirektor Willy Weiland.
Privatjet für Kurt Beck
Pikant sind die Details über Kurt Beck (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.
Der Fall Beck geht laut SPIEGEL / STERN so: Schmidt soll den damaligen SPD-Chef im Februar 2008 zum "Arcandor Media Get Together" nach Hamburg eingeflogen haben - und zwar auf dessen Wunsch. "Kurt Beck ist am 19.02.08 bis 17 Uhr in Berlin im Reichstag und würde dann gerne einen Privatjet nehmen", zitiert der "Stern" aus einer E-Mail, die ein Schmidt-Mitarbeiter am 30. Januar 2008 an den Chef schickte. Die Kosten des luxuriösen City-Hoppings: 3927 Euro. Die Rechnung beglich weder Beck, noch die Partei. Schmidt selbst soll eingesprungen sein.
Becks Staatskanzlei bestätigt den Vorgang gegenüber SPIEGEL ONLINE. Aus terminlichen Gründen habe Beck damals ein Flugzeug nehmen müssen. Hätte er ein Auto oder den Zug genommen, wäre er womöglich nicht rechtzeitig zu der Veranstaltung gekommen, so die Erklärung. "Der Ministerpräsident ist über die Kosten des Fluges nicht informiert worden", sagte sein Sprecher.
Der Fall Özdemir
Auch der Parteichef der Grünen Cem Özdemir ließ sich von Schmidt umgarnen - allerdings nicht mit einem Privatjet sondern etwas billiger: ein Ticket für das Heimspiel des FC Barcelona am 17. August 2011. Gegner damals: Erzfeind Real Madrid. Die besten Kicker unter sich. Ein Fest für alle Fußballfans.
Und das kam so: Schmidt, Özdemir und dessen Ehefrau trafen sich am 23. Juni 2011 in Berlin zum Abendessen, so zumindest war es laut "Stern" in Schmidts Kalender eingetragen. Am gleichen Abend habe der Eventmanager eine E-Mail mit dem Betreff "Barcelona Tickets" erhalten. Inhalt: "Es gibt noch Karten für den 17-08-11. Leider keine Mittelklasse mehr. Nur Premium 1A für 615€ pro Person." Schmidt antwortete prompt: "4 x bitte! DANKE!!!!" Mitte August saßen Schmidt und Özdemir gemeinsam im Stadion.
Schön für Özdemir: Anfahrt und Logis übernahmen die Grünen. Denn - Zufall oder nicht - der Parteichef hatte genau an jenem Tag ein Treffen mit der katalanischen Schwesterpartei und ein Interview mit einer spanischen Zeitung anberaumt.
Ist das alles?
Natürlich steht zu vermuten, dass außer den bekannten Details noch viel mehr Goodies ausgetauscht werden. Es scheint ganz so, als wenn dies nur die Spitze eines Eisbergs ist, bei dem sich willfährige Politker vor den Karren von Lobbyisten spannen lassen. Da die Staatsanwaltschaft ermittelt, ist wahrscheinlich damit zu rechnen, dass noch mehr Volksvertreter des Reichstags mit geldwerten Geschenken sich vor den Karren obsukerer Sponserer haben spannen lassen.