Ein österreichischer Wissenschaftler hat möglicherweise einen neuen Fruchtbarkeitsrekord aufgestellt. DNA-Tests zeigen, dass der Wissenschaftler Bertold Wiesner in seiner Londoner Fruchtbarkeitsklinik selbst Samenspender war und auf diese Weise 600 Kinder zeugte. Jetzt kommen die Halbgeschwister jährlich zu einem großen Familientreffen zusammen.
Ein österreichischer Wissenschaftler hat möglicherweise einen neuen Fruchtbarkeitsrekord aufgestellt. Zwei seiner Söhne wollen herausgefunden haben, dass der 1972 verstorbene Biologe Bertold Wiesner mindestens 600 Kinder gezeugt hat – per Samenspende.
Der österreichische Emigrant Wiesner betrieb mit seiner Frau Mary Barton in den 1940er-Jahren eine umstrittene Fruchtbarkeitsklinik in London, die auf Samenspenden spezialisiert war. Zwischen 1940 und 1960 verhalf sie Frauen zu rund 1500 Babys.
„Ich bin sicher, dass Wiesner einen Großteil des verwendeten Spermas selbst gespendet hat“, sagte David Gollancz, ein Nachkomme Wiesners, der „Welt“. Gemeinsam mit seinem Halbbruder Barry Stevens machte er sich Anfang 2000 auf die Suche nach seinem biologischen Vater. Sie konnten den letzten eigenen Sohn Wiesners ausfindig machen, der ihnen eine Probe seiner DNA gab. „Nach einem Test hatten wir die Gewissheit: Bertold Wiesner ist unser biologischer Vater“, so Stevens. Nach und nach fanden der britische Anwalt Gollancz und der kanadische Dokumentarfilmer Stevens 18 weitere Personen, die in der Londoner Klinik gezeugt wurden. Nach neuerlichen DNA-Tests stellte sich heraus, dass zwölf von ihnen Wiesner zum Vater haben.
In ihrer jahrelangen Recherche entdeckten die Halbbrüder, dass die „Barton-Brut“, wie man die Kinder der Klinik damals nannte, insgesamt von sehr wenigen Spendern stammt. Mary Barton und Bertold Wiesner rekrutierten die Männer demnach aus ihrem engsten Bekanntenkreis. „Die Samenspende war in dieser Zeit sehr umstritten. Vermutlich hatte Wiesner große Schwierigkeiten, genug Freiwillige für seine Klinik zu finden und so legte er kurz entschlossen selbst Hand an“, glaubt Dokumentarfilmer Stevens.
Nach konservativen Schätzungen könnte Wiesner jährlich etwa 20 Samenspenden selbst gegeben haben, sagte Gollancz der „Welt“. „Geht man von einer durchschnittlichen Anzahl von Fehlgeburten aus, ergibt sich aus der Hochrechnung, dass er bis zu 600 Kinder zeugte.“ Barry Stevens geht noch weiter: „Nach Schätzungen von Fruchtbarkeitsforschern könnten es sogar bis zu Tausend sein.“
Es sei ein sehr mulmiges Gefühl, einer mutmaßlich so riesigen Sippe anzugehören, sagte Stevens der „Welt“. Auf der anderen Seite sei es aber auch ein schönes Erlebnis gewesen, mit einem Schlag so viele Geschwister zu bekommen, so Gollancz. „Nachdem mein Vater mir gebeichtet hatte, dass ich durch eine Samenspende entstanden bin, habe ich mich oft sehr einsam gefühlt.“
Jetzt kommen die Halbgeschwister jährlich zu einem großen Familientreffen zusammen. Über ihren gemeinsamen Vater sind sie sich einig: „Es war unethisch, so viele Kinder mit dem gleichen Samen zu zeugen“, sagte Stevens der „Welt“. „Die Kunden der Klinik hatten alle den gleichen gesellschaftlichen Hintergrund. Es ist nicht auszuschließen, dass ihre ahnungslosen Kinder sich kennenlernen und inzestuöse Beziehungen eingehen.“
Die beiden Halbbrüder haben inzwischen einen Film über ihre Suche gedreht – „Bio-Dad“ heißt er. Sie hoffen nun, dass sich noch mehr potenzielle Geschwister bei ihnen melden. „Ich würde gerne alle zu einer großen Party einladen“, sagte Gollancz der „Welt“.
Sollten sich die Recherchen der beiden Wiesner-Söhne bewahrheiten, kämen dann einige hundert Gäste zusammen. Und Bertold Wiesner hätte einen neuen Weltrekord aufgestellt. Bisher hält den ein anonymer Arzt aus den USA – er hat „nur“ 150 Kinder gezeugt.