Die Chefin der Linspartei, Katja Kipping, fordert ein Einwanderungsrecht, das auch für nicht schutzberechtigte Erwerbslose gelten soll. "Ich unterstütze den Vorschlag aus unseren Reihen für ein Einwanderungsgesetz, der aufzeigt, wie man `offene Grenzen für alle` perspektivisch erreichen kann", sagte Kipping der "Welt".
Neben dem Asyl und dem Familiennachzug benötige man "eine Altfallregelung für alle, die schon länger hier sind und immer noch von Abschiebung bedroht sind. Zudem muss es eine Möglichkeit für Einwanderung geben, die nicht nur nach dem Prinzip der Nützlichkeit abläuft", sagte Kipping der "Welt".
Entscheidendes Kriterium "wäre, dass die Menschen, die einen Antrag auf Einwanderung stellen, hier einen sozialen Ankerpunkt haben. Und Ankerpunkt will ich ausdrücklich nicht auf Erwerbsarbeit reduzieren.
Auch wer hier Familie hat oder sich gesellschaftlich einbringen möchte, bekäme erstmal eine Einwanderungsgenehmigung für ein Jahr", sagte Kipping. Danach müsse "noch einmal nachgewiesen werden, dass man einen sozialen Ankerpunkt hat. Das ist aber eben nicht nur ein Trauschein oder ein Arbeitsvertrag, sondern viele Orte des gesellschaftlichen Engagements, zum Beispiel ein Fußballverein, ein Chor oder die Kirchengemeinde", sagte Kipping weiter.
Dieser Ansatz müsse zunächst in der Partei diskutiert werden, bezüglich der weltweiten Freizügigkeit gebe es in der Linken "offensichtlich eine Kontroverse", sagte Kipping. Gegen die Politik "offenen Grenzen für alle Menschen" hatte sich am Freitag erneut Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknechts im "Spiegel" positioniert. Den entsprechenden Programmpunkt ihrer Partei bezeichnete Wagenknecht als "wenig realitätstauglich".
Kipping nahm auch Stellung zu dem Richtungsstreit zwischen ihr und ihrem Co-Vorsitzenden Bernd Riexinger einerseits sowie den Fraktionschefs Wagenknecht und Dietmar Bartsch anderseits.
Nachdem der ehemalige Parteichef Klaus Ernst eine Mediation unter Führung von Gregor Gysi, gegebenenfalls auf einer "ausgedehnten Kanutour in der Uckermark", vorgeschlagen hatte, sagte Kipping der "Welt": "Bei einer solchen Kanutour wäre ich sofort dabei. Weniger Sitzungen und mehr gemeinsame Erkundungen sind immer gut. Denn wir sind alle in großer Sorge, weil wir eine Rechtsverschiebung erleben und unsere Kräfte dagegen bündeln müssen."
Erneut lehnte Kipping die Wahl des AfD-Kandidaten Albrecht Glaser zum Vizepräsidenten des Bundestags ab. Ihre Partei werde "keinen Nazi und keinen Rassisten zum Vizepräsidenten des Bundestages wählen. Bisher sehe ich in der Fraktion der AfD niemanden, auf den das nicht zutrifft."
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