Deutsche Post plant radikalen Umbau der Briefsparte. Projekt „One“ soll eine Milliarde Euro sparen. Samstags keine Zustellung?
Die Deutsche Post bereitet das größte Sparprogramm in der Geschichte ihrer Briefsparte vor. Wie die WirtschaftsWoche aus Konzernkreisen erfuhr, will das Unternehmen innerhalb eines Jahres eine Milliarde Euro einsparen. Das ist rund das Fünffache des bisher veranschlagten Betrags in Höhe von 180 Millionen Euro. Das Projekt mit dem Namen „One“ soll noch im Spätsommer starten und wurde kürzlich vor rund 50 Führungskräften vorgestellt.
Größere Einnahmen erhofft sich Post-Vorstand Jürgen Gerdes durch den Verkauf der 350 Postfilialen, die der Konzern noch in Eigenregie betreibt. Die ehemalige Konzerntochter Postbank hat an 277 Filialen Interesse angemeldet. Sie könnte mehr als 100 Millionen Euro zahlen — und auch Mitarbeiter übernehmen. Zudem erwägt die Post, in ausgewählten Bezirken Pakete und Briefe gemeinsam zustellen zu lassen, wie in Teilen Hamburgs bereits praktiziert. Langfristig steht auch das Netz der 82 Brief- und 33 Paketzentren auf dem Prüfstand — einige Zentren könnten schließen.
Nach Informationen der WirtschaftsWoche könnte auch bei der Zustellung gespart werden. Gesetzlich ist die Post verpflichtet, mindestens 80 Prozent der Briefe binnen eines Tages zuzustellen, schafft derzeit aber 95 Prozent. Senkt sie diese Quote auf die Mindestanforderung, reduzieren sich die Kosten deutlich. Langfristig wird das Management wohl auch auf Änderung des Postgesetzes drängen. Ziel: die Fünf-Tage-Zustellung. Bislang muss die Post an sechs Tagen in der Woche zustellen.
Das größte Sparpotenzial sehen Post-Manager beim Personal. Die Briefsparte beschäftigt 143 000 Mitarbeiter — die Hälfte davon in der Zustellung. Zwar sind Kündigungen bis Mitte 2011 ausgeschlossen, aber die Post verlagert zunehmend Arbeit an ihre Niedriglohn-Tochter First Mail, die einen Stundenlohn von 9,80 Euro zahlt. Im Konzern liegt er im Schnitt bei 14 Euro. Vorsorglich hat First Mail die Zahl der Lehrstellen von 15 auf 1000 aufgestockt.
Die Briefsparte der Deutschen Post steht aufgrund wachsender Konkurrenz und zunehmenden E-Mails erheblich unter Druck. Noch ist sie der gewinnträchtigste Bereich. 1,4 Milliarden Euro verdiente der Konzern hier 2009 operativ. Insgesamt weist er für das vergangene Jahr einen operativen Gewinn von rund 1,5 Milliarden Euro aus.