Mit der Energiewende sieht die Zukunft duster aus. Die Ziele der Energiewende sind utopisch. Das wissen alle Experten. Doch die Regierung hält an ihrem ideologischen Kurs fest und fährt damit die Stromerzeugungspolitik gegen die Wand.
Von Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel
Mit dem geplanten weiteren Ausbau der Wind-, Solar- und Biogasanlagen für die sogenannte Energiewende und dem Abschalten der Kernkraftwerke müssen die Stromkosten zwangsläufig weiter steigen.
Daneben brauchen wir mehr fossile Brennstoffe für unsere Wirtschaft und die Herausforderungen der Zukunft, die zu höheren CO2-Emissionen führen. Die beiden angestrebten Ziele der Bundesregierung, die CO2-Emissionen und den Stromverbrauch zu verringern, sind Utopie; beides ginge nur, wenn unser Lebensstandard weit zurück geschraubt würde. Das aber würden die Bürger nicht hinnehmen.
Wohlstand braucht Energie
Der Mensch ist ein schwaches Wesen. Er leistet gerade einmal 100 Watt. Damit liefert er eine Kilowattstunde (kWh) Energie an einem 10-stündigen Arbeitstag, für die wir heute in Deutschland in Form von Strom 30 Cent bezahlen. Im Jahr summiert sich die Arbeit eines Menschen auf rund 300 kWh, wenn wir die Feiertage abziehen.
Deutschland verbraucht im Jahr und je Einwohner 50.000 kWh. Das entspricht der Energie von 5 Tonnen Öl oder 6 Tonnen Steinkohle. Teilen wir nun den Energieverbrauch eines Einwohners durch die Energie eines Menschen im Jahr, zeigt sich, dass jeder von uns die Arbeit von 166 Menschen nutzt.
Berücksichtigt man die großen Verluste, die bei der Umwandlung der Energie (Kohle zu Strom, Erdöl zu Benzin usw.) entstehen, nutzen wir von der Primärenergie nur ein Drittel. Selbst damit stehen jedem von uns immerhin noch mehr als 50 Arbeitskräfte zur Verfügung. Wir leben heute besser als Könige und Fürsten vor 200 Jahren, die zwar ausreichend Diener hatten, aber nicht über Dampfmaschinen, Verbrennungsmotoren und elektrische Energie verfügten.
Die für uns wichtigste Energieform ist der elektrische Strom. Wir haben uns von dieser Energie vollständig abhängig gemacht. Ohne Strom läuft nichts. Es gibt kein fließendes Wasser und keine Klospülung.
Die Heizung geht aus, weil die Öl- oder Gasflamme elektrisch gezündet wird und das Heizwasser mit einer elektrischen Pumpe durch die Heizköper gepumpt wird. Radio, Fernsehen, Telefon und Internet sind ohne Strom still. Kühl- und Gefrierschränke werden ohne ihn warm. Der Herd bleibt kalt. Die Aufzählung lässt sich beliebig fortsetzen.
Über 50 elektrische Gerätegibt es heute in einem normalen Haushalt, die die Arbeit erleichtern und viele sonst nötige Hilfskräfte ersetzen. Zählen Sie einmal selbst nach! Jede Steckdose liefert die Leistung von 23 Menschen.
Höhere Produktivität und damit höhere Reallöhne und kürzere Arbeitszeiten sind nur durch den Einsatz von immer Arbeitsgeräten möglich, die durch Verbrennungsmotoren oder elektrisch angetrieben und gesteuert werden.
Der Energiebedarf steigt
Mehr Geräte erfordern mehr Energie. Die Hoffnung von Politikern, man könne den Energiebedarf durch bessere Nutzung, also durch höhere Effizienz, vermindern, ist utopisch. Die Effizienz unserer Geräte steigt zwar und nähert sich physikalischen Grenzen, von denen es keine weiteren Einsparungen mehr geben kann. Die Zahl und die Leistung der Geräte nehmen aber viel schneller zu als die Effizienz.
Automatische Rasenmäher und Staubsauger sind hierfür Beispiele. Elektrisch angetriebene Rollstühle, Treppenlifte erlauben immer mehr Senioren, am öffentlichen Leben teilzunehmen.
Die Zahl der Roboter nimmt ständig zu. Es gibt inzwischen vollautomatische Fertigungslinien in unseren Fabriken. Erst das fertige Produkt wird vom Menschen zum ersten Mal berührt.
Die Internet-Kontakte nehmen zu. Von allen Seiten wird der Ausbau für ein schnelles Internet gefordert. Doch für das weltweite Netz ist viel Strom erforderlich. Das Internet verbraucht mehr Energie als alle Flugzeuge der Welt. Wir können die Zukunft nur gestalten, wenn wir immer mehr Energie einsetzen. Verzicht auf Energie ist eine Umkehr zurück in das Mittelalter.
Ökostrom ist keine Lösung
Nach den Vorstellungen vieler Politiker in der Welt und vor allem in Deutschland ist Kohlenstoffdioxid (CO2) aus fossilen Brennstoffen das treibende Gas für eine kritische Erwärmung der Erdatmosphäre. Der Ausstoß von CO2 soll daher immer weiter eingeschränkt werden.
Doch die Politik ist uns bisher die Antwort schuldig geblieben auf die wichtige Frage: „Wieviel CO2 in der Luft brauchen Pflanzen für ein optimales Wachstum?“ Solche einseitigen Betrachtungen finden wir in jüngerer Zeit immer häufiger als Grundlage zu wichtigen politischen Entscheidungen. So ist das wesentliche Gas für den sogenannten Treibhauseffekt Wasserdampf (H2O). Erst nachrangig kommt CO2 dazu.
Nach den Darstellungen der Politiker erzeugen Windgeneratoren und Solarstromanlagen Strom ohne jede CO2-Emission. Diese Darstellung ist falsch.
Erstens wird zur Erzeugung und Montage der Anlagen viel Energie gebraucht, die weitgehend aus fossilen Brennstoffen stammt. Eine Windstromanlage muss ein bis zwei Jahre laufen, um diejenigen Energiemengen zu produzieren, die für ihren Bau aufgewendet wurden.
Zweitens ist auch der Betrieb von Windkraftanlagen nicht emissionsfrei. Es müssen für eine sichere Versorgung nämlich immer Kraftwerke unter Dampf stehen und mitlaufen, damit sie sofort mit Strom einspringen können, wenn der Wind abflaut oder eine Wolkenbank heranzieht.
Diese Bereitschaft für eine sichere Stromversorgungist nur mit fossilen Brennstoffen möglich, sobald alle Kernkraftwerke, wie geplant, wirklich abgeschaltet sind. Die wenigen Pumpspeicher-Kraftwerke haben für solche Regelungen nicht die ausreichende Kapazität. Je mehr Ökostromanlagen gebaut werden, umso mehr CO2 wird aus den Bereitschaftskraftwerken emittiert, ohne jedoch im Leerlauf Strom zu liefern.
Die Ziele der Energiewende sind utopisch
Die wenigen beschriebenen Punkte zeigen, die Ziele der Energiewende sind unrealistisch. Sie sind aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht erreichbar.
1. Unser Stromnetz braucht als Momentanreserve die großen rotierenden Massen der Turbinen und Generatoren der Dampfkraftwerke, um die Frequenz und die Phasen unseres Wechselstromnetzes stabil zu halten. Diese synchronisierten Massen sind die Taktgeber unseres Netzes, in das die fast 30.000 Windgeneratoren und 1,6 Millionen Solarstromanlagen einspeisen können, wenn sie Frequenz und Phase an das Netz angeglichen haben.
Ohne die synchronisierte Grundlast als Takt würde das Stromnetz zusammenbrechen, weil die einzelnen Ökostromanlagen immer geringfügig von der Frequenz und Phase abweichen. Es käme zu einem Wellensalat und damit zum Zusammenbruch des Netzes. Zur Grundabsicherung mit Strom („Grundlast“) brauchen wir mindestens 45 Prozent der Netzleistung aus Dampfkraftwerken.
Demnach könnte der Anteil an Ökostrom bis auf 55 Prozent erhöht werden. Da jedoch nachts keine Sonne scheint und häufig der Wind schwach oder überhaupt nicht weht, dürfte technisch die maximale Einspeisung von Ökostrom bei etwa 30 Prozent liegen. Dies wird durch die Praxis bestätigt. Wir haben die Grenze von 30 Prozent erreicht. Bei Starkwind und Sonnenschein können wir bei Windgeneratoren immer häufiger Stillstand beobachten, weil zu viel Ökostrom angeboten wird.
2. Der Ausbau der Industrie ist nur möglich durch weitere Mechanisierung und Automatisierung der Fertigungslinien. Dafür brauchen die Betriebe eine kostengünstige und sichere Energieversorgung. Für eine Wertschöpfung von 1 Euro werden 2 Kilowattstunden gebraucht, die weitgehend nur mit fossilen Brennstoffen erzeugt werden können. In den letzten Jahren konnte in Deutschland zwar durch Effienzsteigerung 1 Prozent an Energie eingespart werden. Gleichzeitig erhöhte sich jedoch die Produktivität um 2 Prozent. Der Energiebedarf steigt also jährlich um 1 Prozent.
3. Die aufwändige Altenbetreuung braucht immer mehr und bessere Geräte, um den Personalaufwand finanziell tragbar zu halten und die Senioren am Leben teilhaben zu lassen.
4. Mit der Zuwanderung von Flüchtlingen steigt der Energiebedarf zusätzlich. Eine Million Flüchtlinge erhöhen den deutschen Energiebedarf um mehr als ein Prozent und damit auch die CO2-Emissionen.
5. Die gewünschte Umstellung auf elektrische Autoantriebe würde als Stromlieferanten zwanzig neue Großkraftwerke erfordern. Außerdem müssten elektrische Leitungen und Anschlüsse verstärkt und neu installiert werden. Der Energieaufwand für diese Umbauten würde zusätzliche Energie und CO2-Emissionen erfordern. Elektrofahrzeuge brauchen auch deswegen mehr Energie, weil das Auto elektrisch beheizt werden muss, während beim Verbrennungsmotor die Abwärme genutzt wird.
Was bringt die Zukunft?
Erste Erkenntnisse über das Scheitern der Wende hat es bereits gegeben. Die Ziele für das Jahr 2020 wurden als nicht machbar aufgegeben. Statt jedoch mit dieser Erkenntnis auf eine realistische Energiepolitik umzuschwenken, fährt man weiter den ideologischen Kurs und damit die Stromerzeugungspolitik gegen die Wand.
Was eigentlich muss denn noch passieren, bis unsere Politiker und auch große Teile der Wirtschaft endlich wieder zu einer sachlichen und wirtschaftlichen Energiepolitik zurückfinden?