Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert eine deutlich härtere Bekämpfung der Clankriminalität. Im Vorfeld will er den Verfassungsschutz stärker als bisher in die Pflicht nehmen.
Das geht aus dem 30-Seiten-Positionspapier "Clankriminalität bekämpfen: strategische Ausrichtung – nachhaltige Erfolge" hervor, das der BDK-Bundesvorstand jetzt beschloss und über den die "Welt am Sonntag" berichtet.
Die von Clankriminalität betroffenen Bundesländer sollten dem Beispiel von Bayern und Hessen folgen, die die Beobachtung und Bekämpfung von Organisierter Kriminalität bereits "zusätzlich in die Aufgabenfelder der Verfassungsschutzämter einbeziehen".
BDK-Chef Sebastian Fiedler sagte: "Die rechtliche Verpflichtung der meisten Inlandsnachrichtendienste, bei Gefahren durch Organisierte Kriminalität die Augen und Ohren zu verschließen, ist abwegig, künstlich konstruiert und nicht zu rechtfertigen. Eine Aufweichung der unterschiedlichen Befugnisse der Polizei und der Nachrichtendienste ist damit aber ausdrücklich nicht verbunden."
Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Diensten gelte weiter. Der BDK plädiert zudem dafür, dass der Staat notfalls Kinder aus kriminellen Großfamilien herausnimmt: "Es ist zu prüfen, ob und wie Jugendämter und Familiengerichte gesetzlich in die Lage versetzt werden können, Kinder aus nachweislich kriminellen Großfamilienstrukturen in Obhut zu nehmen und außerhalb des Einflussbereichs ihres Clans unterzubringen."
Generell verlangt der BDK, "Hemmnisse" im Kampf gegen die Clankriminalität abzubauen. "Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden. Strafverfolgungs- und Sozialbehörden sollen bei begründetem Verdacht auf Straftaten alle relevanten Daten austauschen dürfen", heißt es in dem Papier.
So müssten Jobcenter in die Lage versetzt werden, Sozialleistungsbetrug durch Clanangehörige systematisch zu erkennen und zu melden. Um die Halter von Luxus-Autos zu ermitteln und Strohmänner zu identifizieren, sollten "regelhaft Abfragen bei der Kraftverkehrszulassungsstelle" erfolgen.
Der BDK strebt ein automatisiertes Abgleichverfahren zwischen den Zulassungsstellen und der Polizei an. "Außerdem sind automatisierte Abgleichverfahren mit dem Jobcenter zur Verfügung zu stellen, um bei Straßenverkehrskontrollen vor allem bei hochpreisigen Fahrzeugen zu ermitteln, ob ein Sozialleistungsmissbrauch vorliegen könnte", führt das Papier aus. In solchen Fällen müssten Fahrzeuge sofort beschlagnahmt werden.
Laut BDK ist eine "Null-Toleranz-Politik" und eine "Strategie der permanenten Nadelstiche" nötig. Die Summe von Verurteilungen mache den Erfolg aus, schon kleinere Verstöße wie das Fahren ohne Führerschein müssten geahndet werden. Ferner sollte der Staat mit allen rechtsstaatlichen Mitteln dagegen vorgehen, dass Clans Firmen gründen und illegal erworbenes Vermögen legalisieren.
"Die Kooperation aus Ordnungsämtern, Polizei, Zoll, Jugendämtern und Finanzbehörden sollen Shisha-Bars, Wettbüros, Restaurants, Autohandelsplätze und andere einschlägige Treffpunkte und Betriebe im Umfeld von Clans laufend kontrollieren, um illegale Geschäfte in diesen Räumen aufzudecken bzw. zu verhindern", heißt es in dem Papier.
Die zum 1. Juli 2017 eingeführte Erleichterung bei der Abschöpfung von kriminell erworbenen Vermögen ist dem BDK zufolge konsequent anzuwenden: "Die bei der Vermögensabschöpfung gesicherten Mittel sollten für die Strafverfolgung (Stellen, Ausstattung), soziale Projekte mit kriminalpräventiven Charakter (Jugendbetreuung, Jugendhilfe) und für die Einrichtung eines Opferentschädigungsfonds verwendet werden."
Mindestens für die Länder, in denen Clankriminalität eine Rolle spielt, fordert der BDK ein kriminalpolizeiliches Lagebild: für Berlin, Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Deren Landeskriminalämter müssten sich besser koordinieren, die Justiz sollte spezielle Kammern bei den Gerichten für Clankriminalität einrichten.
Foto: Polizeiauto (Archiv), über dts Nachrichtenagentur