Innenministerium will Messengerdienste zwingen, Zugriff auf verschlüsselte Chats zu ermöglichen. Kritiker: "Dann würde sich das Land nahtlos in die Reihen totalitärer Staaten wie China oder Iran einreihen."
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will Sicherheitsbehörden einen Zugang zu verschlüsselten Chats und Telefonaten ermöglichen. Messengerdienste wie WhatsApp oder Telegram sollen verpflichtet werden, auf richterliche Anordnung hin die Kommunikation ihrer Kunden mitzuschneiden und an Behörden zu schicken – in lesbarer Form, also unverschlüsselt.
Wie der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, sollen Anbieter, die dieser Pflicht nicht nachkommen, auf Anordnung der Bundesnetzagentur für Deutschland gesperrt werden können. Bislang ist gesetzlich nur eine sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung möglich – dafür muss jeweils ein Trojaner auf das Smartphone von Verdächtigen aufgespielt werden. Die neuen Verpflichtungen sollen bis Ende des Jahres auf den Weg gebracht werden.
Bei den betroffenen Unternehmen ruft das Vorhaben Protest hervor. Wie WhatsApp bieten viele ihren Kunden eine komplette Verschlüsselung (»Ende-zu-Ende«) und haben bislang selbst keinen Zugriff auf solche Nachrichten. »Das hätte katastrophale Auswirkungen«, sagt Alan Duric, Mitgründer des in der Schweiz und Berlin ansässigen Messengerdienstes Wire.
Das Vorhaben sei gefährlich, es würde die Anwender nicht akzeptablen Risiken aussetzen. Ablehnend reagieren auch die Macher von Threema, von deren etwa fünf Millionen Anwender mehr als 80 Prozent im deutschsprachigen Raum leben. »Absolute Vertraulichkeit der Kommunikation« sei »in der DNA von Threema«, sagt ein Firmensprecher.
»Wir sind nicht bereit, dabei irgendwelche Kompromisse einzugehen.« Man besitze in Deutschland keine Infrastruktur, falle deshalb auch nicht unter deutsches Recht. Sollte Deutschland die Nutzung von Threema verhindern wollen, »würde sich das Land nahtlos in die Reihen totalitärer Staaten wie China oder Iran einreihen«.