Ein sichtlich betroffener Ex-CEO heute vor dem Kongress in Washington. Er sollte Rechenschaft ablegen über seine Arbeit und vor allem über eines: Über sein Gehalt, seine Boni und seine Aktienoptionen.
Der Kongress rechnete Lehman CEO Richard Fluid vor, dass er seit 2000 rund 500 Millionen kassiert hätte. Allein das Gehalt betrug 2005 89 Millionen Dollar. Hinzu kamen im Laufe der Jahre Boni und Gewinne aus Verkäufen von Aktien und Einlösung von Optionen.
Kongress: „Sie haben fast eine halbe Milliarde Dollar kassiert, finden Sie das fair?“
Fuld: Schweigen. Stottern. „Die Zahlen sind nicht ganz akkurat.“ Zittern.
„Meine Kompensation ist von Aktien bezahlt werden.“
Kongress: „Wie kann man das dem Mann auf der Straße erklären, wie erklären Sie das den Aktionären, die jetzt alles verloren haben? Sie haben ein enormes Luxusleben geführt, ließen sich und andere Vorstände mit dem Helikopter zum Arbeitsplatz fliegen, was sagen Sie dazu“.
Fuld: Schweigen. „Die Zahlen sind nicht ganz korrekt. Es war weniger als 500 Millionen. Aber ich möchte dazu jetzt näher nichts sagen.“
Von Reue keine Spur. Stattdessen rechtfertigt Fuld das Geschäftgebaren seiner Firma:
"Basiert auf die Umstände jener Zeit waren unsere Geschäftsaktivitäten korrekt. Keiner kann die Uhr zurückstellen. Fragen Sie mich heute, ob ich etwas anders gemacht hätte, dann kann ich heute sagen ‚ja’.
Aber diese Krise ist eine Krise, die alle erfasst hat. Auch Lehman. Die Mediencoverage hat Lehman nicht geholfen.
Ich fühle Horror, was mit der Firma, den Menschen und den Kunden passiert ist. Ich habe nie gezweifelt an unserem Geschäftsmodell und besitze derzeit noch 10 Millionen Lehman Aktien.
Lehman hatte ein großes Exposure im Hypothekenmarkt. Als sich die Geschäftslage änderte, haben wir alles mögliche versucht, unseren Exposure herunterzufahren.
Wir haben alles probiert, einzelne Teile zu verkaufen, Portfolioanteile zu verkaufen, die gesamte Firma zu verkaufen. Aber keiner war interessiert.
Als die Vertrauenskrise sich zuspitzte, haben Shortseller Gerüchte gestreut und die Aktie leerverkauft. Das war dann ein Teufelskreis, gegen den man sich kaum noch wehren konnte. Die Naked Shorts in Verbindung mit bösen Gerüchten verfehlten ihreWirkung nicht. Kreditlinien wurden gekappt, die Firma bekam kein Geld mehr.
Am Ende waren wir geschlagen.
Das, was uns passierte, könnte auch jeder anderen Firma passieren. Viele Financials kamen unter Attacke. Naked short attacks, Gerüchte, gekappte Kreditlinien, das waren die Ursachen.
Aber noch mal: Das hat und hätte auch jedem anderen passieren können.“