Angesichts des kommende Woche in Washington stattfindenden Gipfeltreffens
von über 20 Staats- und Regierungschefs zur Lösung der globalen Finanzkrise
sprechen sich mehrere Wirtschaftsnobelpreisträger für stärkere Eingriffe der Staa-
ten in das Finanzsystem aus. Das Hamburger Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL
bat die Amerikaner Joseph E. Stiglitz, Paul A. Samuelson, Edmund S. Phelps,
Robert E. Lucas sowie den Deutschen Reinhard Selten, eine Handlungsanleitung
für Auswege aus der Krise zu formulieren. Fast alle sprachen sich für maßvolle Re-
gulierungen aus. „Die Öffentlichkeit benötigt ein Zahlungsmittel, das keinem Aus-
fallrisiko unterliegt und daher auch keinen Sturm auf die Banken auslösen kann.
Der beste Weg, dies zu erreichen, wäre ein wettbewerbliches Bankensystem, des-
sen Einlagen staatlich gesichert sind“, sagt Lucas. Selten fordert eine bessere Klas-
sifizierung von Wertpapieren. Sie „sollten ähnlich wie Lebensmittel mit risikorele-
vanten Kennzeichnungen versehen sein“, so Selten. Die Regeln für die Finanzmärkte
sollten auch Hedgefonds betreffen. Und: „Auf keinen Fall darf es möglich sein, dass
Banken hochspekulative Geschäfte in Zweckgesellschaften auslagern.“ Diese un-
terlägen „nicht den strengen Regeln, denen Banken unterworfen sind“, so Selten.
Stiglitz appelliert an die Politiker, weltumspannend zu agieren. „Eine globale Fi-
nanzkrise erfordert eine globale Lösung“, so der Wissenschaftler. Die aktuelle glo-
bale Finanzstruktur sei nicht nur mangelhaft, sie sei auch ungerecht, insbesondere
gegenüber den Entwicklungsländern. „Wir brauchen eine neue Finanzeinrichtung für
die Entwicklungsländer, deren Führung den heutigen Realitäten entspricht“, so
Stiglitz. Zudem zeige das vom Dollar abhängige globale System der Währungsre-
serven Abnutzungserscheinungen. „Ein globales Finanzsystem erfordert ein globales
Währungsreservesystem.“ Am härtesten urteilt der 93-jährige Samuelson: „Reine
Marktwirtschaftler sind nicht nur emotionale Krüppel, sondern auch schlechte Rat-
geber.“ Weiter sagt er: „US-Präsident George W. Bush wird als schlechtester Prä-
sident in die Geschichtsbücher der 232 Jahre alten Vereinigten Staaten eingehen.“
Er stimme zu, „dass staatliche Vorschriften das unternehmerische Leben regeln und
auf die Stabilisierung der Gesamtwirtschaft abzielen sollten“