Bei der geplanten EU-Mission zum Kampf gegen Piraten vor der Küste Somalias steu-
ert die Bundesregierung auf eine Blamage zu. Weil die Ressorts für Verteidigung,
Inneres, Justiz und Auswärtiges uneins sind, wird sich der Bundestag statt Mitte
Dezember möglicherweise erst 2009 mit dem Mandat für den Einsatz am Horn von
Afrika befassen können. Besonders strittig ist der Umgang mit Gefangenen. Innen-
und Außenressort wollen keine Gefangenen nach Deutschland bringen lassen. Das
Risiko sei groß, dass sie mangels Beweisen bald freikämen – und im Lande blie-
ben, da nach Somalia nicht abgeschoben werden könne. Schleuserbanden werde
so ein Tor geöffnet, Afrikaner in großer Zahl nach Europa zu bringen. Wehrressort
und Fachleute im Bundestag widersetzen sich indes Vorschlägen des Außenamts,
Gefangene nur zu entwaffnen und gleich wieder an einem somalischen Strand ab-
zusetzen: Damit mache sich Deutschland lächerlich. Auf wenig Zustimmung stößt
auch der Kompromissvorschlag einer Arbeitsgruppe von Beamten aus Innen- und
Wehrressort. Demnach soll ein Kriegsschiff nur Seeräuber, die „schwerwiegende
deutsche Rechtsgüter“ verletzt haben, etwa indem sie Deutsche verwunden, töten,
entführen oder deutsche Schiffe angreifen, nach Dschibuti bringen. Wenn ein Haft-
richter in Hamburg per Telefon Haftbefehl erlasse, würden die mutmaßlichen
Straftäter der Bundespolizei übergeben. Nach einem Amtshilfe-Ersuchen der Ma-
rine müssten die Beamten aber eigens aus Deutschland einfliegen. Das Innenmi-
nisterium lehnte es vergangene Woche ab, Polizisten einzuschiffen oder in Dschi-
buti zu stationieren. Intern hat das Verteidigungsministerium mittlerweile sogar da-
mit gedroht, die deutsche Beteiligung ganz platzen zu lassen, wenn Rechte und Zu-
ständigkeiten der Marinesoldaten nicht „klipp und klar“ zwischen den Ressorts ab-
gestimmt werden könnten.
DER SPIEGEL