Die "Zeit" interpretiert den Beitritt Großbritanniens in den Euro als späten Triumph. Doch ist er das wirklich? Jetzt, wo das Königreich am Abgrund taumelt, wird es Schutz im Euro-Raum suchen und das Pfund aufgeben. Doch es könnte zu spät sein. Denn der Euro ist selbst ein Wackelkandidat, wenn er gegenüber dem Pfund derzeit auch als Fels in der Brandung erscheint.
Es könnte für die Regierung in London wie für die britischen Banken schwer werden, auf den Finanzmärkten die notwendigen Summen zu leihen, um aus dem Schlamassel herauszukommen. Selbst wenn das schlimmste Szenario ausbleibt - die Flucht aus dem Pfund, drohender nationaler Bankrott und, wie in den Siebzigern, ein Rettungsdarlehen des IWF - es dürfte ungemütlich werden. Für den Ökonomen Will Hutton, der seit Jahren für den Euro-Beitritt plädiert, besteht die beste Chance Großbritanniens darin, sich in die Arme Europas zu flüchten. Ohnehin zeichnet sich ab, dass die Staaten der Eurozone künftig ihre Wirtschaftspolitik sehr viel stärker aufeinander abstimmen werden. Auch das eine Folge der großen Finanzkrise.
Wolfgang Münchau verweist in der Financial Times auf die enormen Hindernisse, die vor einem Beitritt überwunden werden müssten. Womit er nicht einmal Gordon Browns berühmte fünf Tests meint, die der damalige Schatzkanzler aufstellte, um damit Tony Blairs Enthusiasmus für die Europäische Währungsunion auszubremsen. Richtig ist, dass es für den bedrängten Premier sehr gefährlich sein kann, auch nur das Thema Euro-Beitritt anzusprechen: Die Presse ist überwiegend feindselig eingestellt und die öffentliche Meinung ist eben entschieden negativ.
Doch Brown hat eigentlich nichts mehr zu verlieren. Die Krise bewahrte ihm vor dem Sturz durch die eigene Partei, sie gab ihm, ganz überraschend, die Chance auf einen ehrenvollen Abgang von der politischen Bühne, wenn er denn 2010 die Wahl verlieren sollte - womit nach wie vor zu rechnen ist. Brown könnte das Risiko auf sich nehmen und den Briten erklären, warum der Euro die beste Option für die Zukunft darstellt.
Stimmungen lassen sich ändern, zumal angesichts einer globalen Krise, die alles verändert hat. In der Eurozone wird man sich, sollte es zum britischen Sinneswandel kommen, bittere Kommentare über den britischen Egoismus nicht verkneifen. Doch am Ende wird der Kontinent die britischen Nachzügler willkommen heißen. Ihr Beitritt zur Währungsunion wäre ein Triumph - er würde das fortgeschrittenste Projekt europäischer Integration bestätigen und ihm neuen Impetus verleihen.