Die Bürgerproteste auf Island gegen massive Folgen der Finanzkrisewerden militanter. Nach Angaben der Polizei sind erstmals Demonstrantenin das Gebäude der Zentralbank in Reykjavik eingedrungen. Die mehr alshundert Protestteilnehmer zogen sich erst nach Drohungen der Polizei,das Gebäude gewaltsam zu räumen, zurück. Sie verlangten lautstark denRücktritt von Nationalbankchef David Oddsson.
Es ist eine faszinierende und spannende, jedoch auch beängstigendeEntwicklung, die wir in den letzten wenigen Wochen in Island sehenkönnen. Der einzige Vorteil dabei ist, dass wir uns anschauen können,was auf uns zukommen wird.
Der Vorteil für uns hier ist, wir können uns die Angstdadurch nehmen, indem wir sehen, was auf uns zukommt. Wir könnenuns somit auf das Herannahende wissentlich vorbereiten.
Zugegeben, für einige Dinge ist die Vorbereitungszeitwahrscheinlich längst abgelaufen. Wer beispielsweise noch einenhohen Kredit hat oder von einem Arbeitsplatz mit großerKündigungswahrscheinlichkeit abhängt - zum Beispiel imBereich Automotive - für den dürfte es nun auf Notfallplanunghinauslaufen. Denn so kurzfristig den Kredit abzulösen, durchHausverkauf oder ähnliches, oder sich einen neuen, krisensicherenJob zu suchen, dürfte schwierig werden.
Dennoch, lassen Sie sich nicht entmutigen, sondern nutzen Sie dieseeinmalige Gelegenheit, sich zu informieren über das, was unsblüht. Durch Schließen der Augen verpassen Sie einzig dieChance der vorbereitenden Maßnahmen, die Krise selbst findet auchbei verschlossenen Augen statt.
Jetzt werfen Sie einmal einen aktuellen Blick nach Island mit Hannes Gamillscheg von Die Presse.com:
Im Land der Geysire kocht die Wut über die Finanzkrise über. Doch ehe es besser wird, dürfte es noch schlechter werden.
In ihrer Garage hält Hrafnhildur Thorarinsdottir Ausverkauf: Alles kostet nur ein Viertel des Preises, den sie in ihrem Laden in Reykjaviks Einkaufsmeile verlangt hätte. „Ich bin mit hohen Schulden ausgestiegen, und die Schulden wachsen weiter“, sagt die 30-jährige Jungunternehmerin. Denn sie hat auf Anraten ihrer Bank einen Fremdwährungskredit aufgenommen, wegen der günstigen Zinsen. Jetzt, im Island der Finanzkrise, hat die isländische Krone zwei Drittel ihres Werts verloren, und die Kreditsumme hat sich verdreifacht. „Ich habe mein Haus verpfändet, also muss ich weiterzahlen, sonst nehmen sie uns das Haus weg.“
„Wie eine Naturkatastrophe“ habe die Krise Island getroffen, sagt Solveig Olafsdottir, Sprecherin des Roten Kreuzes. „Wir sind ein Volk im Schockzustand.“ Die Banken sind pleite, die Baukräne stehen still, die Arbeitslosigkeit hat sich verdoppelt und wird im nächsten Jahr auf zehn bis 20 Prozent hochschnellen. Und das in einem Land, in dem „Arbeit heilig“ war, wie der Schriftsteller Einar Mar Gudmundsson meint.
Der Verfall der Krone macht das früher so teure Island zu einem Schnäppchenland für Touristen. Für die Isländer ist die Wirklichkeit eine andere. Die sehen eine Inflation, die auf 20 Prozent zusteuert, und Lebensmittelpreise, die sich teilweise verdoppelt haben. Die Isländer, die sonst wahllos kauften, was sie haben wollten, schauen jetzt auch beim Diskonter sehr genau auf die Kosten.
Samstag für Samstag strömen die Menschen zu den Protestkundgebungen vor das Parlament, zuletzt 6000. Das ist enorm in einem Land mit 320.000 Einwohnern. In Windjacken und Pelzmänteln, mit Hund und Kinderwagen, alt und jung, mit schwarzen Anarchistenfahnen und den blauen der EU. Alle sind sie da, alle ballen die Fäuste, alle stimmen jubelnd ein, wenn die Redner den Rücktritt von Notenbankchef und Ministerpräsident fordern.
Der Zorn wächst. „Wie die DDR vor dem Fall der Mauer“, meint Gudmundsson, der Dichter, einer der führenden Köpfe des Aufruhrs. „Das politische System hat alle Glaubwürdigkeit verloren.“ Mit der Liberalisierung der Banken habe es begonnen, als die Politiker „den Reichtum des Volks ihren Freunden schenkten“, die Banken dem Land über den Kopf wuchsen, das Zwölffache des Sozialprodukts war ihre Bilanzsumme zuletzt. Bis alles zusammenkrachte wie ein Kartenhaus.
Der Traum vom schnellen Geld
Ein „nationaler Zustand der Verleugnung“ habe Island geprägt in den Boomjahren, sagt der Nationalökonom Gylfi Magnusson, einer der wenigen, die damals schon warnten. Doch damals wurden die Warner als Neider abgestempelt. Man gab weiter Vollgas. „In einer so kleinen Gesellschaft breiten sich Epidemien rasch aus“, sagt Magnusson. Wenn der frühere Klassenkamerad plötzlich Milliardär ist, denken andere: „Der war nicht klüger als ich, das kann ich auch.“
Ganz normale Arbeitnehmer luden sich Schulden auf, die sie nicht tragen können. In Reykjavik gibt es mehr dicke Schlitten als in Londons City, schicke Häuser, wo man vor einer Generation noch sehr primitiv wohnte, rasanten Lebensstil, alles auf Pump. Doch die Kredite wachsen mit der Inflation, der Leitzins beträgt 18 Prozent, die Schulden auf den Häusern sind höher als deren fallender Wert, und jetzt bangen alle um den Job.
„Wäre Island ein Mensch, er wäre längst mit Nervenzusammenbruch in der Klapsmühle“, sagt Gudmundsson. Es gibt momentan nur ein Thema: Wer hat Schuld an „Kreppa“, der Krise?
Die Schwefelquelle im Freiluftbad – von oben prasselt der Schneeregen, unten brodelt das heiße Wasser – hat hier die Funktion des Stammtisches. Da brodelt auch der Volkszorn gegen die Obrigkeit, und der den Isländern eigene Galgenhumor blüht. Einer fragt, ob wir wissen, wie man einen Bankier vorm Ertrinken rettet. Nein? „Gut so!“ Und noch so ein Witz: „Was haben Islands Banken und Islands Nudisten gemeinsam? Alles Wertvolle ist eingefroren.“
Ehe es besser wird, wird alles noch viel schlimmer. Das nächste Jahr wird hart, ein Einbruch um zehn Prozent ist realistisch, jeder Dritte denkt daran abzuwandern. Benedikt Stefansson, der als Chefvolkswirt der Landsbanki miterlebte, wie die Regierung bis zuletzt Warnungen überhörte, hat sich an die Spitze einer Bewegung gesetzt, die sich „Novemberaufruhr“ nennt. Drei Forderungen hat Stefansson: erstens einen Wechsel an der Spitze der Zentralbank. Dann eine unabhängige, von ausländischen Experten geleitete Untersuchung, was geschah. Und schließlich „brauchen wir den Euro, und dazu müssen wir in die EU“.
Panik nützt uns allen nichts. Den Kopf in den Sand zu steckenebensowenig. Augen auf, einmal kräftig schlucken und dann damitbeginnen, sein eigenes Lebensumfeld genau zu prüfen und dienotwendigen Maßnahmen zu ergreifen.
Wenn es doch nicht so schlimm kommen sollte, dann freuen Sie sicheinfach. Falls es übel wird, dann wussten Sie es schon vorher undhaben zumindest einiges dafür getan. Packen wirs an!
Ein Beitrag von: --->Wahrheiten.org