Die Aktien fallen, der Euro steigt. Manch ein Investor am Devisenmarkt dürfte sich am Donnerstag verwundert die Augen gerieben haben. Denn die Korrelation der Börse mit dem Kurs des Euro gegen den Dollar war urplötzlich außer Kraft gesetzt.
Offenbar wird am Markt wieder stärker differenziert, wenn Konjunkturdaten veröffentlicht werden. Noch vor Wochen wären schwache US-Arbeitsmarktzahlen als Zeichen einer weltweiten Rezession gedeutet worden, die die Anleger zur Flucht aus Aktien und in US-Treasuries veranlasst hätte. Daraufhin wären die Aktienindizes gefallen und der Dollar gegen Euro gestiegen.
Nun hat sich das Bild gewandelt. Enttäuschende US-Arbeitsmarktdaten werden als das gesehen, was sie sind: Indikatoren für den schwachen Zustand der US-Konjunktur; die Daten werden spezifisch für den Währungsraum gedeutet.
So lässt sich die Erholung des Euro auch als Indiz für eine Rückkehr zur Normalität interpretieren: Es wird wieder genauer hingeschaut. Der Euro-Anstieg hat freilich noch weitere Ursachen. Zum einen war die Dollar-Rally von 1,60 auf 1,23 Dollar pro Euro im Oktober übertrieben. Jetzt wurde sie zunächst auf 1,33 Dollar korrigiert. Der Euro war klar überverkauft, auch mit Blick auf den Chart und die Übertreibung des Marktes normalisiert sich die Lage also.
Von einer echten Gegenbewegung kann mit Blick auf den Kursverlauf noch keine Rede sein, immerhin hat der Dollar gegen den Euro seit Mitte Juli stattliche 20% zugelegt. Doch der Bruch von technischen Marken hat Trendfolger auf den Plan gerufen, die auf den Euro setzen und den Anstieg noch beschleunigen.
Sie könnten noch weiter profitieren. Denn derzeit haben noch deutlich mehr spekulative Investoren auf einen steigenden Dollar gesetzt als auf einen steigenden Euro. Sie stellen nun angesichts des nahenden Jahresultimos und des fallenden Dollar ihre Positionen glatt. Die Jahresendrally ist also auch einem Short Squeeze geschuldet. Ein Anstieg auf 1,35 Dollar oder darüber hinaus ist alles andere als unwahrscheinlich.
Dass der Euro über den Jahreswechsel hinaus haussiert, ist nicht anzunehmen. Dann dürften schwache Konjunktur- und Unternehmenszahlen den Euro wieder belasten, während US-Präsident Obama mit seinem Konjunkturprogramm das Sentiment wieder zugunsten des Dollar dreht.
Börsen-Zeitung