Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman, 55, wirft Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück Realitätsverlust vor. „Sie denken immer noch in den Kategorien einer Welt, wie sie vor ein oder zwei Jahren zu sein schien, mit Inflation und Defiziten als größter Gefahr.
Die Folge: Sie verkennen den Ernst der Wirtschaftskrise und verschwenden so wertvolle Zeit – für Deutschland und für Europa“, sagt Krugman in einem Interview mit dem Hamburger Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL: „Vielleicht fehlt ihnen intellektuelle Beweglichkeit.“
Entschieden weist der Princeton-Ökonom außerdem Sorgen der Regierung zurück, die Deutschen müssten bloß für die Fehler und Probleme der andern zahlen. „Das ist verständlich, aber kleinlich, wenn sich zugleich die europäische und besonders auch die deutsche Wirtschaft in großer Gefahr befinden.
“Dass Steuersenkungen verpuffen könnten, sei „nur ein Argument für eine besseres Programm. Und kein Grund dafür, nichts zu tun“, so Krugman weiter. Den Deutschen empfiehlt er, sich so weit es nur geht auf öffentliche Investitionen zu konzentrieren. Vor allem aber sollten sie rasch handeln: „Das Perfekte ist der Feind des Guten. Wir befinden uns in einem drastischen Niedergang und müssen schnell so viel wie möglich unternehmen.
Nachhaltige Anreize sind entscheidend, egal in welcher Zusammensetzung“. Wenn die Berliner Regierung nicht handle, drohe „ein sehr, sehr ernster Absturz mit den schlimmsten Arbeitslosenzahlen seit den dreißiger Jahren und im Anschluss womöglich ein verlorenes Jahrzehnt nach japanischem Muster“, sagt der Wirtschaftsprofessor gegenüber dem SPIEGEL.