Für ihren Einsatz gegen Piraten vor der Küste Somalias erhält die Deutsche Marine weitreichende Vollmachten. Nach den Einsatzregeln für die EU-Operation „Atalanta“ darf sie Piratenschiffe nicht nur abdrängen oder aufbringen, sondern auch versenken.
Die laut Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) „robusten“ Vorschriften sind als vertrauliche „Verschlusssache“ eingestuft. Abgeordnete durften vergangene Woche nur in der Geheimschutzstelle des Bundestags Einsicht nehmen.Das Parlament soll kommenden Freitag den Einsatz von bis zu 1400 Soldaten beschließen.
Zunächst wird die Fregatte „Karlsruhe“ eingesetzt. Auch Schiffe, die fürdie Anti-Terror-Operation „Enduring Freedom“ oder die Nato unterwegs sind, können der EU zugeordnet werden. Offenbar traut das Verteidigungsministerium der Marine aber keinen angemessenen Umgang mit gefangenen Piraten zu. Um Gefangene vor „menschenunwürdiger oder entehrender Behandlung“ an Bord deutscherSchiffe zu schützen, werden eigens Militärpolizisten auf die Fregatten kommandiert.
Wie es in einer internen Vorlage heißt, sollen Gefangene, im Behördendeutsch „Gewahrsamspersonen“ genannt, „ständig durch mindestens einen Feldjäger undeine weitere Person (Zeugenprinzip) beaufsichtigt werden“. Außerdem müssen dieFeldjäger für jeden Gefangenen eine präzise „Dokumentation“ anlegen, zu der „eindeutige Personenidentifizierung“ sowie „Schrift-, Belehrungs- und Meldenachweise“gehören.
Darüber hinaus sollen die Militärpolizisten die Schiffskommandanten beraten und „Tatortarbeit an Bord des gekaperten Schiffes“ leisten, inklusive „Erhebung und Ermittlung zwecks Schadensfeststellung und Beweissicherung“. Trotz dervielen Aufgaben stellt das Wehrressort pro Schiff jedoch nur einen Offizier und zweiFeldwebel zur Verfügung.DER SPIEGEL 51/2008