Schnelleckes Betriebsräte hatten sich beschwert: „Festangestellte Mitarbeiter bei Schnellecke in Leipzig bekommen zwischen 900 und 1.000 Euro Netto. Leiharbeiter (die zum Großteil bei uns beschäftigt sind) bekommen zwischen 750 und 850 Euro Netto“. Rolf Schnellecke ist einerseits OB der VW-Stadt Wolfsburg, wo man „in guter gemeinsamer Vertrauensarbeit diesseits und jen-seits des Kanals gemeinsame Ziele verfolgt, was ja wohl nicht verwerflich ist“ (Schwarzbuch VW Seite 58 ff.). Andererseits ist der OB Eigentümer eines „mittelständischen Unternehmens der Automobillogistik“. Seine Firma macht Millionenumsätze mit VW. Europaweit. Nach hässlichen Fragen im Manager-Magazin zum Verhältnis des OB zu VW soll der leidenschaftliche Jetflieger und VW-Chef Piëch bereits vor einigen Jahren seine legendäre Konzernrevision aktiviert haben. Anscheinend wurden die Revisoren nicht fündig. Denn der Wolfsburger OB werkelt auch im Werk Leipzig von Porsche-Mitbesitzer Piëch. Dort arbeiten seine Leute für 5,77 Euro Stunden-lohn - brutto wohlgemerkt. Durch eine Zulage sind sogar 6,61 Euro möglich. Dafür sind Schnel-lecke-Mitarbeiter zur „Erbringung von Schicht-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit verpflichtet“.
Die Mitarbeiter des OB sind Teil des speziellen Porsche-„Geschäftsmodelles“ (FAZ 16. 11. 2008). Der Cayenne entsteht nämlich nahezu komplett im VW-Werk in Bratislava. Auf demselben Band wie der VW-Touareg. Für die Plattform-Zwillinge Touareg/Cayenne zahlte VW ca. 4/5 der Ent-wicklung und stellt die Fabrik. Für den Konkurrenten Porsche quasi die Lizenz zum Gelddrucken. Die slowakischen Werker erhalten ca. 1/6 deutscher VW- und Porsche-Löhne. Dafür arbeiten sie in vier Schichten. 42 Stunden pro Woche. Motor und Räder des Cayenne werden indes - überaus listig - in Leipzig montiert. Assistiert von Schnelleckes „Arbeitssklaven“. Made-in-Germany á la Porsche. Durch dies Geschäftsmodell verdient Porsche laut einer Schätzung des Generalsekretärs von Ex-VW-Chef Pischetsrieder, Andreas Deumeland, durch den Cayenne ca. 0,8 bis 1 Mrd. Euro. Pro Jahr. Mit den Cayenne-Milliarden von VW kaufte sich Porsche ab dem 25. September 2005 bei VW ein. Porsche-Chef Wiedeking sah ansonsten „unser erfolgreiches Geschäftsmodell gefährdet“. Das für Porsche erfolgreiche Geschäftsmodell ist für VW jedoch ein Desaster. Der Touareg fuhr nicht nur anfangs hohe Verluste ein. Er lag sogar noch im Herbst 2007 ca. 924 Mio. Euro unter der Konzern-Zielmarke (s. o.). VW wurde also nicht nur schwer geschädigt, sondern sogar mit Kapital aufgekauft, das VW erarbeitet hatte. Die FAZ urteilte am 23. 10. 2007: „Wann hat man Vergleichbares erlebt? Dass ein angestellter Manager - nichts anderes war Piëch in seinen aktiven VW-Jahren - einen Weltkonzern Zug um Zug unter die Kontrolle seiner Familie bringt?“
Vor diesem Hintergrund sah sich Schnellecke als Opfer einer Intrige. Er hatte zuvor in der Lokal-presse den Unmut seiner Bürger gegenüber den neuen Herrschern in Wolfsburg thematisiert. Damit seien er und seine Firma im Kampf um die Macht bei VW offenbar zwischen die Fronten geraten. Der OB sah in Porsche den Drahtzieher des medialen „Rufmordes“. „Wenn dies der Stil des Hauses Porsche ist, wird mir um die Zukunft der Stadt und der hier lebenden Menschen angst und bange“, so Schnellecke in einem Brandbrief an MP Wulff. Gleichzeitig drohte er öffentlich, den FOCUS, Wiedeking und Hück zu verklagen. Mittlerweile bemüht sich Porsche servil um De-eskalation. Man habe den Magazinbericht nicht initiiert. Der OB sei ein sehr geschätzter Geschäfts-(modell)-Partner. Eine gerichtliche Klärung der Frage nach der „Schande für das Land“ entfällt also - zumindest vorerst. Dass der Brutal-Kapitalismus á la Porsche in Bratislava, Leipzig, Wolfsburg und an der Börse alles andere als eine Zierde für das Land ist, liegt indes auf der Hand.