Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat das Wort "Finanzkrise" zum Wort des Jahres 2008 erkoren. Unsere Nachbarn in der Schweiz entschieden anders: Sie wählten "Rettungspaket" zum Schlüsselwort dieses Jahres. Unruhige Wochen liegen hinter uns. Schlechte Nachrichten verdunkelten den Horizont.
Die Finanzmarktkrise zog sich vor unseren Augen wie ein brodelndes Gewitter zusammen. Bankenpleiten, der Absturz der Börsenkurse und zahlreiche hektisch einberufene Krisengipfel bestimmten das Lebensgefühl. Die Politik versucht, sich auf den großen Platzregen einzustellen und möglichst regenfeste Schutzschirme aufzuspannen. Dem wirtschaftlichen Abschwung will sie mit verschiedenen Konjunkturprogrammen begegnen.
Für ins Straucheln geratene Unternehmen und Banken bietet die Bundesregierung einen Rahmen staatlicher Bürgschaften von schwindelerregenden Ausmaßen. So manches Mal, wenn ich in den Bergen unterwegs bin, sehe ich einen großen Wolkenbruch auf mich zukommen. Ich werde an dem Vorgang nicht viel ändern können. Immer wieder treffe ich auf solchen Wanderungen auch auf Schafherden.
Ihre Hüter erinnern mich immer wieder an die Hirten aus der Weihnachtsgeschichte. Hirten tragen die Verantwortung für ihre Herde, gerade dann, wenn ein Unwetter heraufzieht. Die Geschichte von der Geburt des Heilands setzt bei denen ein, die nachts bei ihrer Herde auf dem Feld waren: "Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr.
Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr." Die Hirten wissen, wie man ein Feuer entfachen kann, auch wenn es regnet. Erfahren meistern sie schwierige Situationen. Der Kampf mit einem Wolf schreckt sie nicht; einen Menschen in Not würden sie niemals im Stich lassen. Weihnachten 2008 stellt uns die Hirten in besonderer Weise vor Augen. Gemeinsam mit ihnen höre ich, wie der Engel im Licht der Klarheit Gottes ihnen eine große Freude verkündet.
Sie gründet nicht in einem plötzlichen Umschwung der Börsenkurse; sie hat ihre Basis nicht in veränderten Wirtschaftsdaten; sie bezieht sich nicht auf den Umfang des nächsten Konjunkturprogramms. Nicht ein neues "Rettungspaket" wird angekündigt, sondern Christus, der uns aus dem Verderben erlöst. Die Hirten befinden sich, ohne es zu wissen, in der Nähe der Krippe.
Wer mit ihnen auf das Kind in der Krippe des Stalls von Bethlehem blickt, entdeckt in ihm Gottes Güte und Barmherzigkeit. Er spürt, dass das Leuchten des Sterns von Bethlehem weiter reicht als das Glitzern der Reklame. Er gewinnt Gewissheit über das, was trägt im Leben und im Sterben.
Dass wir darin den Grund unserer Hoffnung sehen, hat Paul Gerhardt, der große Liederdichter, unnachahmlich beschrieben: "Ich steh an deiner Krippen hier, oh Jesu, du mein Leben." Heute Abend wird die Freude über das rettende Eingreifen Gottes in den überfüllten Kirchen erklingen: "Ich sehe dich mit Freuden an / und kann mich nicht satt sehen; / und weil ich nun nichts weiter kann, / bleib ich anbetend stehen."
In dieser heiligen Nacht entdecken wir neu, dass unser Leben unter einem guten Stern steht. Das wahre Rettungspaket liegt bereit. Das Kind in der Krippe wird nicht nur die Macht des Goldes brechen und der Seele Flügel verleihen; es wird den Tod besiegen, ein für alle Mal. Weil Gott uns Menschen an Weihnachten mit der Geburt des Heilands so überaus reich beschenkt, erhält unser Leben einen Sinn. Darin entdecke ich Gottes Rettungspaket für uns. Aus Freude darüber können wir die Geburt Jesu Christi fröhlich feiern.