Was zählt eigentlich wirklich?
Weihnachten, das ist nicht nur Feier, traditioneller Kirchgang und Geschenkefest. Das kann und sollte in einer ruhigen Stunde auch Zeit der Besinnung sein: Was ist uns wirklich wichtig, jenseits der Äußerlichkeiten?
Sind wir bei der Suche nach dem Sinn des Lebens nicht etwas vom Weg abgekommen? In der Redaktion, wo ein lieber Kollege gerade viel zu jung seinem schwerren Leiden erlegen ist, spürten wir plötzlich: Diese existenziellen Fragen sind wichtiger als Schlagzeilen und flüchtige Ereignisse. Sie berühren jeden.
Menschliche Bindungen, verlässliche Freunde, intakte Natur - ist es nicht das, was zählt? Geld ist nicht alles, Geld darf die Welt nicht regieren. Zugegeben, die Welt-Finanzkrise mit den in ihrer ganzen Tragweite noch unabsehbaren Folgen erweckt einen anderen Eindruck. Doch sind wir gerade dabei, bessere Erkenntnis zu gewinnen. Die Super-Kreditblase ist geplatzt, gefährliche Blender, die einzig und allein ihren persönlichen Profit im Auge haben, erlitten Schiffbruch - Halt geben Unternehmen, in denen produziert und nicht spekuliert wird, gute alte Werte der realen Welt sind wieder gefragt.
Die Familie als feste Burg
"Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon": Was in der Bibel geschrieben steht (Matthäus 6, Vers 24) bekommt in dieser unruhigen Zeit tiefen Sinn. Anstand, Aufrichtigkeit, Geborgenheit sind Begriffe einer Werteordnung, die es schwer hat(te) in der Welt der großen Geldvermehrung.
Die Familie, sozusagen das Gegenstück der Börse, erfährt zunehmend Wertschätzung. Auch und gerade bei jungen Leuten. Sie ist die Burg, in die man sich zurückziehen kann, was auch immer geschieht. Dass es andere familiäre Verhältnisse gibt, in denen niemand geschützt und aufgefangen wird: Leider gehört auch das zur Wirklichkeit.
Wir sind erschüttert, wenn wieder einmal von gequälten Kindern oder vernachlässigten Alten die traurige Nachrichten-Rede ist. Es liegt an uns, es nicht bei Empörung zu belassen, sondern selbst etwas dagegen zu unternehmen. Schauen wir nicht weg, sondern genauer hin! Man stelle sich vor: Jeder behält in seinem kleinen Umfeld die Menschen im Auge und kümmert sich, wenn eine vielleicht bedrohliche Entwicklung zu beobachten ist. Das wäre praktische, ganz nahe Hilfe. Und zutiefst christlich. Denken wir daran, nicht nur in der Christmette, nicht nur zur festlichen Zeit. Das ist ein Weihnachtswunsch, den wir uns selbst erfüllen können.
Jonglieren mit Billionen
Noch einen vorrangigen Wunsch gibt es, der nicht auf der Einkaufs-Geschenkeliste steht: Alle, die jetzt mit den ganz großen Zahlen jonglieren, bei denen es auf eine Billion Euro mehr oder weniger kaum noch anzukommen scheint, sollten die Wirkung ihrer Worte auf die Menschen "da unten" bedenken. Unsicherheit schafft Ängste.
Und alle, die von leider nicht vermeidbaren Spar-Einschnitten reden, sollten nicht vergessen, dass letztlich über Lebensentwürfe und Schicksale entschieden wird. Über Familien, in denen Vater oder Mutter nicht wissen, ob sie beim nächsten Weihnachtsfest noch ihren früher so sicher erscheinenden Arbeitsplatz haben.
Du sollst den Menschen dienen, aber nicht dem Mammon: Hoffen wir trotz mancher bitterer Widerlegung auf die Kraft der guten Worte. Und hoffen wir darauf, dass bei der Zusage von Milliarden-Bescherungen nicht leichtfertig die Zukunft aufs Spiel gesetzt wird. Wir kaufen für uns persönlich ja auch keine teuren Geschenke und sagen an der Kasse, dass unsere Enkel das irgendwann bezahlen werden.
Mit Bodenhaftung und Augenmaß
Rückkehr zur Wirtschaft mit Bodenhaftung und Augenmaß, Stärkung von Tugenden wie Verlässlichkeit, Redlichkeit und Menschlichkeit: Das ist ein Wunschzettel, der wohl noch lange aktuell bleibt. Wir wünschen Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest! Und unseren Bürgern in Uniform ruhige Feiertage überall in der Krisen-Welt.
Bodo Zapp, Westfalenpost