Lieber Investor,
die Heizperiode dieses Winters liegt hinter uns. Ein paar kältere Tage und Nächte mag es noch geben, doch der größte Teil der Ausgaben für Heizung und Warmwasser dürfte hinter uns liegen. Da dieser Winter deutlich kälter war als der im Jahr zuvor, dürfte auf die meisten Haushalte zwangsläufig eine höhere Heizkostenrechnung warten.
Knapp die Hälfte der deutschen Haushalte heizt Gas. Sie litt in diesem Winter nicht nur unter den kälteren Temperaturen, sondern auch unter der Geschäftspolitik vieler Gasanbieter, denn die meisten Versorger haben die gesunkenen Gaspreise nur teilweise an ihre Kunden weitergegeben. Besonders benachteiligt sind die Kunden mit einem geringeren Verbrauch. Sie werden von den Versorgern besonders dreist zur Kasse gebeten.
Aurora Energy Research hat ermittelt, dass sich der Großhandelspreis für Gas von Mitte 2014 bis Mitte 2016 von 2,8 Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf 1,4 Cent pro kWh halbiert hat. Beim Endverbraucher kam von diesem Preisrückgang leider nicht viel an. Statt ebenfalls um 1,4 Cent pro Kilowattstunde zu sinken, sank der mittlere Preis pro Kilowattstunde nur von 6,7 auf 6,1 Cent, berechnet für einen Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr. Wer weniger verbraucht, wird oft noch höher zur Kasse gebeten.
Am teuersten ist der Winter regelmäßig für die Kunden, die ihr Gas noch von ihrem Grundversorger, also den örtlichen Stadtwerken beziehen. Im Jahr 2016 bezahlten sie im Schnitt sieben Cent pro Kilowattstunde. In Deutschland wächst aber die Zahl der Single- und Kleinhaushalte. Wer in einem solchen lebt und weniger als 5.600 kWh verbraucht, zahlt mit Steuern, Netzentgelten und anderen Kosten bis zu 12 Cent pro Kilowattstunde.
Die großen Kunden pflegt man, die kleinen schröpft man
Betroffen sind nach Angaben der Bundesnetzagentur rund ein Drittel aller Haushalte, denn 32 Prozent aller Kunden bezogen ihr Gas im April 2016 vom Grundversorger. Von einer schlechten Marge kann also keine Rede sein, wenn der Endpreis des Kunden den Einkaufspreis des Großhandels um das Sieben- oder Achtfache übersteigt.
Diese Unfairness hat System. Sie ist nicht auf einzelne Versorger beschränkt, sondern ein Phänomen der gesamten Branche. Denn in Deutschland gilt die Regel, dass wer viel verbraucht auch viel sparen kann. Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt schlüsseln in ihrem Monitoring die Preisdifferenzen detailliert auf. Dabei fällt auf, dass die großen Verbraucher im Vergleich zu den kleinen ihren Preis pro Kilowattstunde annähernd halbieren können.
Auch zwischen den einzelnen Regionen und Anbietern gibt es große Unterschiede. Der Gasmarkt in Deutschland stellt sich als sehr unübersichtlich und fragmentiert dar. Dabei wird stets das gleiche Produkt verkauft und meist kommt es aus der gleichen russischen Quelle.
Günstiger sind in der Regel jene Lieferanten, die selbst nicht Grundversorger sind. Sie bieten auch für Kunden mit geringerem Verbrauch attraktive Konditionen. Bei einem Verbrauch zwischen 5.556 und 55.556 Kilowattstunden pro Jahr sind Kampfpreise von bis zu 5,2 Cent pro kWh möglich gewesen, hat die Bundesnetzagentur ermittelt.