EU terrorisiert LKW-Branche mit neuem Kohlendioxid-Gesetz. Daimler-Vorstand kritisiert geplante Einführung von CO2-Grenzwerten für Lkws in der EU – Renschler: Aufstockung des zulässigen Gesamtgewichts bei Lastern wäre Alternative zu den Plänen der EU-Kommission.
Der Daimler-Vorstand und Chef der Lkw-Sparte des Konzerns, Andreas Renschler, hat Pläne der EU-Kommission, erstmals CO2-Grenzwerte für Lastwagen festzulegen, scharf kritisiert. Das berichtet die in Berlin erscheinende Tageszeitung „Die Welt“ (Montagausgabe). „Dass wir zurzeit über Euro-6 und ein Kohlendioxid-Gesetz reden, zeigt, dass in Brüssel zuweilen die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut“, sagte Renschler im Interview mit der „Welt“. „Die Erfüllung des einen Ziels macht die des anderen schwieriger.“ Bis Ende 2013 sollen Lastwagen neue, schärfere Obergrenzen beim Ausstoß von Feinstaub und Stickoxiden erfüllen, die sogenannte Euro-6-Norm. Parallel denkt die EU-Kommission darüber nach – ebenfalls 2013 –, Grenzwerte für CO2-optimierte schwere Nutzfahrzeuge festzulegen, so, wie es sie für Pkws bereits gibt. Um der Euro-6-Norm zu genügen, sind neue Filter in den Lastern nötig, die aber treiben in aller Regel den Kraftstoffverbrauch hoch und damit den CO2-Ausstoß. „Wir sollten erst einmal dafür sorgen, dass mit Euro-6 die jüngste Norm im Markt Akzeptanz findet“, sagte Renschler der Zeitung.
Derzeit geht die EU-Kommission von einer Verbesserung beim CO2-Ausstoß von 0,5 Prozent pro Jahr bis 2030 aus. „Wir schaffen mindestens doppelt so viel“, sagte Rentschler. Und das ohne „Attacken“ wie ein Lkw-CO2-Gesetz. „Spediteure müssen jeden Cent zwei Mal umdrehen, die Spritkosten spielen eine zentrale Rolle. Wer da als Truckbauer keine möglichst effizienten Lkws verkaufen kann, der verkauft bald gar keine mehr“, sagte Renschler. Entsprechend würde der CO2-Ausstoß sinken – auch ohne gesetzliche Vorgaben.
Mit Alternativvorschlägen zur Energieeinsparung will der Truckchef nun die Brüsseler von ihren CO2-Plänen abbringen. „Das eine wäre eine moderate Aufstockung beim zulässigen Gesamtgewicht“, schlug Renschler vor. „Gerade mal vier Tonnen mehr Gewicht könnten CO2-Einsparungen von zwei Prozent auf die gesamte Flotte bezogen nach sich ziehen, weil dadurch die Fahrzeuge besser ausgelastet werden können und damit weniger Lkws unterwegs sind.“ Im kombinierten Verkehr seien 44-Tonner bereits erlaubt. „Wenn es uns ernst ist mit der Verbesserung unserer CO2-Bilanz, dann frage ich mich: Warum gilt dieses Limit nicht überall?“ Darüber hinaus wollen die Stuttgarter bei der Aerodynamik der Anhänger ansetzen. Mit Verbesserungen dort ließen sich – wiederum auf die Flotte gerechnet - die CO2-Emissionen des Straßentransports um bis zu drei Prozent senken, sagte Renschler. „Während die Zugfahrzeuge bis aufs Letzte im Windkanal optimiert werden, haben die Fuhrparks noch immer Anhänger mit einem cw-Wert einer durchschnittlichen Schrankwand. Ein Grund dafür sind natürlich die strikten Längenvorgaben. Da müssen wir ansetzen“, sagte Renschler der „Welt“.
Was die Einführung der Euro-6-Norm angeht, warnt der Truckchef erneut davor, auf Kaufanreize für die sauberen Motoren zu verzichten. Ohne diese würden die Spediteure kurz vor Inkrafttreten von Euro-6 ihre Wagenparks mit Lkws nach alten Schadstoff-Standards aufstocken, denn die sind günstiger, sagte Renschler. „Dann gibt es noch 2013 massive Vorverkäufe von Euro-5-Lkws, und anschließend brechen die Absätze ein“, prognostizierte er. „Das schadet dem Finanzminister, dem Steuern entgehen, der Branche und der Umwelt, denn die positiven Effekte der sauberen Euro-6-Motoren zeigen sich dann vermutlich vier Jahre später als geplant.“