Einer Mobilfunk-Sekte gleich feiert Apple das neue iphone 4GS – unterstützt von unkritischen, korrupten Medien, welche sich hemmungslos vor den PR-Karren spannen lassen. Braucht man den Smartphone-Knochen wirklich? Nur Sklaven und Dienstboten müssen ständig erreichbar sein.
von Niels Höpfner
Zufällig schaue ich aus dem Fenster, und da steht schon wieder auf der Straße so einer, der sich ein sogenanntes Handy ans Ohr quetscht und aufgekratzt, mit irrem Blick, in dasselbe quasselt. Inzwischen sieht man ja immer mehr Leute, die das sogar beim Gehen tun - sie müssen sehr in Eile sein.
Wenn ich Handy-Benutzer bloß sehe, steigt automatisch mein Adrenalinspiegel, und Haß würgt mich, den doch sonst so Milden, der ich zu Aggressionen doch sonst kaum fähig bin. Woran mag das liegen? Daran, daß ich noch aus einer Zeit stamme, als gerade das Schnurtelephon erfunden und der erste segensreiche Satz «Das Pferd frißt keinen Gurkensalat» per Draht gekrächzt wurde? Bin ich bereits vergreist und neidisch nur, der neuen Zeit, der großen Handy-Zeit, hinterherzuhinken?
Nichts gegen das klassische Telephon, damit habe ich nicht die geringsten Probleme (außer mit der Rechnung). Und ich bin begeisterter Faxist. Warum aber wird ein Handy für mich niemals comme il fault sein? Die Gründe sind ästhetisch-ethischer Art!
Leute, die auf der Straße am Handy hängen, sollten sich einmal auf Video betrachten: dämlich und lächerlich sehen sie dabei aus, wie die Verwirrten, die im Selbstgespräch vor sich hinbrabbeln. Als ich jedoch kürzlich einer jungen Schönen, ganz en passant, pädagogisch wertvoll zuraunte: «Wenn Sie sich so selbst sehen könnten, würden sie nie wieder auf der Straße telephonieren!», giftete die bloß keifend zurück: «Verpiß dich, alter Sack!»
Nun zum Ethischen: Es zeugt nicht gerade von großer Rücksicht, seine Mitmenschen in Cafés, Restaurants, Theatern und Konzertsälen mit den Lockrufen eines Handys zu belästigen - zweifellos eine akustische Körperverletzung. Und dann wird man ja nicht nur - schlimm genug - Augenzeuge jener ästhetisch absurden, unzierlichen Handy-Handhabung, sondern auch noch Ohrenzeuge banalsten Geplappers.
Die Zahl der "Mobilfunk"-Anschlüsse stieg dieses Jahr auf 110 Millionen - d.h. jeder Deutsche hat 1,3 Handys. Es sind die VIP's der Republik: die Unentbehrlichen, unsere Leistungsträger, die immer erreichbar sein müssen, Tag und Nacht, an jedem Ort (Ja, sogar auf der Toilette! Und vielleicht beim ...?), die sich lustvoll an die (unsichtbare) Kette legen oder legen lassen. Und selbst auf die Gefahr hin, die "political correctness" zu sprengen: am beliebtesten ist das Handy anscheinend bei Türken.
Nieder mit dem Handy! Es geht die Mär, Telephonieren via Handy verursache vielleicht ... eventuell ... Gehirntumore: Wie fabelhaft das wäre! Bekanntlich läßt sich der Teufel am besten mit dem Beelzebub austreiben.
(Der Autor besitzt kein Handy.)