Folgt dem Crash eine volatile Erholungsphase? Sicher, der Markt ist einerseits überkauft, aber wir kennen auch den Zustand der Märkte, den wir als „Es werden keine Gefangenen gemacht“ bezeichnen. Damit ist eine Rally gemeint, bei der die Konsolidierungen nahezu ausfallen, so dass keiner mehr bei Rücksetzern einsteigen kann.
von Jochen Steffens
Die Märkte steigen und steigen. Die Bären kommen in Erklärungsnotstand. Ich erhalte Mails, in denen sich bearish eingestellte Leser selber Mut zusprechen. Ist jetzt die Welt plötzlich wieder in Ordnung?
Sie wissen, ich bin immer ein Spielverderber – wenn es zu bearish wird, werde ich bullish, wenn es zu bullish wird, werde ich bearish und immer ernte ich Hohn, Spott und wütende Mails. Ist es also jetzt Zeit, wieder etwas bearisher zu werden?
Anlagenotstand bei weiter steigenden Kursen
Sicher, der Markt ist einerseits überkauft, aber wir kennen auch den Zustand der Märkte, den wir als „Es werden keine Gefangenen gemacht“ bezeichnen. Damit ist eine Rally gemeint, bei der die Konsolidierungen nahezu ausfallen, so dass keiner mehr bei Rücksetzern einsteigen kann. Das geschieht, wenn institutionellen Anleger in Anlagenotstand geraten.
Viele Depots institutioneller Anleger haben bei diesem Crash schwer gelitten haben. Hinzu kommt, dass einige Positionen zu Tiefstkursen aus dem Depot geworfen wurden und die Investitionsquote nahe der Tiefs verringert wurde. Ist das geschehen, sind steigende Kurse jetzt für diese institutionellen Anleger reines Gift, denn sie zwingen diese in eine massive Underperformance zum DAX.
Kritisch Situation
Stellen Sie sich dazu vor, der DAX läuft auf Jahressicht noch ins Plus! Gut, dazu müsste der DAX noch mal um 15 % auf 6.914 Punkte laufen. Aber nehmen wir an, das würde geschehen, wie sollten all die Fonds ihren Kunden erklären, dass sie dann noch im Minus sind?
Und da schon die vergangenen Jahre, vor allem der Crash 2008 / 2009 viele schwer angeschlagen hat, könnte so ein Szenario existenziell werden. Bei steigenden Kursen geraten jetzt also viele Anleger in Panik, die Rally zu verpassen. Besonders dann, wenn sie vorher Minus durch Verkäufe realisiert haben und dieses Minus wieder ausgleichen müssen. Das erklärt, warum gerade alle wieder auf der bullishen Seite „durchdrehen“. Doch wie weit wird dieser Wahnsinn nun gehen?
Schauen wir uns dazu Crashs vergangener Zeiten an:
Der Kursrutsch im Jahr 1998 hing mit der sogenannten Russlandkrise zusammen, die eine Folge der Asienkrise im Herbst 1997 gewesen ist. Der DAX verlor fast 40 % und konnte sich dann doch deutlich erholen. Er erreichte mit dieser Erholung schließlich ein Niveau bei knapp 5.200 Punkten und bildete so eine Art inverse Schulter-Kopf-
Interessanterweise entwickelten sich damals die amerikanischen Börsen ähnlich wie in der aktuellen Situation deutlich besser als der DAX. Aber auch der Einbruch 2008 zeigt gewisse Parallelen: Auch hier sehen wir wieder eine inverse Schulter-Kopf-Schulter- Ähnliche Entwicklungen haben wir an den US-Börsen nach dem Crash 1929 und dem Einbruch 1974 gesehen – hier folgten volatile Seitwärtsbewegungen. Ein flacher, aber hochvolatiler Aufwärtstrend, der aber zunächst auch nur eine Seitwärtsbewegung gewesen ist, folgte dem 1987er Crash. Offensichtlich braucht der Markt eine gewisse Weile, um sich von einem solchen Crash zu erholen. Ganz entscheidendes Kriterium dieser Erholungsphase ist zunächst eine hohe Volatilität, die sich in Form einer Seitwärtsbewegung oder eines flachen Aufwärtstrends entlädt. Aus dieser historischen Betrachtung heraus ist anzunehmen, dass wir nach dieser aktuellen Rally auch wieder in so eine hoch volatile Phase übergehen werden, welche den Bullenträumen erst einmal einen Dämpfer verpasst. Allerdings ist es zurzeit noch schwer zu prognostizieren, wann die aktuelle Erholungsphase zu Ende geht. Der nächste Widerstand liegt im DAX bei 6.106 Punkten, und da ist er fast dran. Die 6.000-Punkte-Marke hat der DAX heute bereits geknackt, allerdings nur intraday. Der Schlusskurs lag bei 5.994 Punkten. DAX-Einbruch 2008
Typische Reaktion auf den Crash