Der Brentölpreis ist in den letzten Tagen auf ein 9-Monatshoch von über 120 USD je Barrel geklettert. Hintergrund sind die Zuspitzung des Atomstreits des Westens mit dem Iran und die dadurch bedingten Angebotsrisiken.
von Commerzbank Commodity Research
Zwanzig Jahre lang war die Abhängigkeit der USA von Rohölimporten kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2005 hat der Trend gedreht. Doch was zunächst einem fallenden Verbrauch zuzuschreiben war, erklärte sich zuletzt mit einer steigenden Produktion. Die Produktionserfolge bei Schieferöl und die ehrgeizigen Energieeffizienzziele der US-Regierung versprechen in den kommenden zehn Jahren eine Fortsetzung dieser Tendenz. Die langfristigen Preiseffekte auf den globalen Ölmarkt hängen davon ab, ob die Impulse der neuen Fördertechnik auf andere Regionen überspringen. Tatsache ist aber, dass das heutige Preisgefüge in den USA bereits stark verzerrt ist.
Der Brentölpreis ist in den letzten Tagen auf ein 9-Monatshoch von über 120 USD je Barrel geklettert. Hintergrund sind die Zuspitzung des Atomstreits des Westens mit dem Iran und die dadurch bedingten Angebotsrisiken. Aber auch das verbesserte Finanzmarktumfeld dürfte eine Rolle für den Preisanstieg gespielt haben. Denn der jüngste Anstieg der Netto-Long Positionen zeigt, dass sich vor allem spekulative Investoren stärker engagiert haben. Auch wenn wir weiterhin davon überzeugt sind, dass der Ölmarkt nicht zuletzt dank der Rückkehr Libyens gut versorgt ist, dürfte in den kommenden Wochen eine geopolitsche Risikoprämie zu zahlen sein.
Wir haben deshalb unsere Ölpreisprognose nach oben angepasst. Im ersten Quartal dürfte der Ölpreis oberhalb von 120 USD verharren und möglicherweise sogar noch weiter steigen. Sofern der Atomstreit nicht weiter eskaliert, könnte sich die Risikoprämie zum Sommer hin zurückbilden. Der Brentölpreis sollte dann aufgrund des physischen Überangebots am Markt auf 115 USD je Barrel zurückfallen. Dank der üppigen Liquiditätsversorgung durch die ultralockere Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken dürfte der Ölpreis aber dauerhaft auf einem höheren Niveau liegen als bislang von uns unterstellt.