Deutsche Aktien gehören in diesem Jahr zu den erfolgreichsten Unternehmenspapieren weltweit. Einzelne Aktien im DAX handeln auf Rekordständen - andere wollen einfach nicht steigen. Viele institutionelle Anleger sind immer noch nicht dabei - doch das könnte sich demnächst ändern.
von Roland Klaus
Deutsche Aktien gehören in diesem Jahr zu den erfolgreichsten Unternehmenspapieren weltweit. Seit Anfang 2012 hat der DAX bereits über 20 Prozent zugelegt – und damit weit mehr, als ihm die meisten Experten für das gesamte Jahr zugetraut haben.
Offenbar gibt es noch jede Menge Anleger, die auf diesen anfahrenden Zug aufspringen wollen oder müssen. Schaut man sich beispielsweise einmal die Aktienquoten deutscher Versicherungen an, so liegen diese auf langjährigen Tiefständen. Mitte 2011 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) hatten sie gerade einmal etwas mehr als drei Prozent ihrer Kapitalanlagen in Aktien investiert. 2007 hatte dieser Wert noch bei über acht Prozent gelegen.
Die Münchener Rück hat nun vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass sie ihre Aktienquote unter Umständen erhöhen möchte. Das klingt zwar noch ziemlich vorsichtig, es ist jedoch zu vermuten, dass angesichts der Rekordtiefstände bei den Renditen deutscher Staatsanleihen ähnliche Überlegungen bei zahlreichen Versicherungen und Pensionskassen angestellt werden oder bereits in die Tat umgesetzt werden.
Wenn solche Investoren sich wieder verstärkt dem deutschen Aktienmarkt zuwenden, dann suchen sie nach vergleichsweise sicheren Aktien. Sicher bedeutet in diesem Zusammenhang: ein stabiles und berechenbares Geschäftsmodell, das nicht bei jedem konjunkturellen Windhauch Verluste produziert. Eine Branche, die nicht schrumpft oder durch politische Überregulierung unberechenbar geworden ist (siehe Versorger). Sicher bedeutet immer häufiger auch, dass Unternehmen nicht nur in den gesättigten und demographisch alternden Industriestaaten gut positioniert sind, sondern auch eine starke Marktposition in den langfristig wachsenden Schwellenländern haben. Und sicher bedeutet nicht zuletzt, dass eine Dividende ausgeschüttet wird, die auf oder über der Verzinsung von Staatsanleihen stabiler Schuldner liegt.
Kein Wunder, dass Unternehmen, die diese Kriterien erfüllen, in den vergangenen Monaten besonders gefragt waren. Henkel, Linde, Adidas, Fresenius Medical Care haben Allzeithochs erreicht, obwohl der DAX noch ein gutes Stück davon entfernt ist.
Dagegen laufen Aktien von Unternehmen, die viele Risiken in sich vereinen, dem Markt hinterher. Die Deutsche Lufthansa ist so ein Fall, bei dem die fundamentale Bewertung zwar auf den ersten Blick niedrig erscheint, der Anleger aber im Gegenzug einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt ist. Erstens eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber der weltweiten Konjunktur. Zweitens die Abhängigkeit von Ölpreisen beim wichtigen Kostenfaktor Kerosin. Zwar können sich Unternehmen gegen steigende Ölpreise absichern, doch greift eine solche Absicherung immer nur für einen gewissen Zeitraum und kostet Geld. Und drittens die Auswirkungen politischer Willkür, wie beispielsweise das Nachtflugverbot in Frankfurt, das das wichtige Gütergeschäft durcheinanderwirbelt, die Luftverkehrssteuer oder den Emissionshandel.
Wahrscheinlich werden in einem längerfristigen Bullenmarkt auch solche risikobehafteten Aktien steigen. So hat die Lufthansa-Aktie seit Jahresanfang rund 13 Prozent zugelegt. Langfristig gesehen liegt sie dennoch zwei Drittel unter ihrem Allzeithoch. Für Anleger scheint es daher wesentlich lukrativer, nach risikoarmen Aktien mit stabilem Geschäftsmodell Ausschau zu halten.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist und Analyst in Frankfurt am Main. Für den amerikanischen Finanzsender CNBC und den deutschen Nachrichtenkanal N24 berichtete er von der Frankfurter Börse. In seinem Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“ entwirft er eine Analyse der Schuldenkrise und liefert Ratschläge, wie man sich auf die entstehenden Risiken einstellen kann. Sie erreichen Ihn unter