Die Coronakrise treibt nicht nur kurzfristig Deutschlands Staatsschulden in die Höhe, auch die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte wird durch die Folgen stark beeinträchtigt.
"Die Krise saugt alle finanziellen Reserven auf, die die Gebietskörperschaften für die nächsten zehn Jahre zur Abfederung der demografischen Probleme noch gehabt hatten", sagte der Finanzwissenschaftler von der Ruhr-Universität Bochum, Martin Werding, der "Welt" (Samstagsausgabe). Der Ökonom hatte in den vergangenen Jahren im Auftrag des Bundesfinanzministeriums die Berechnungen für die beiden letzten Tragfähigkeitsberichte 2016 und 2020 erstellt.
Wegen der Coronakrise sind die Ergebnisse des im vergangenen März von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegten aktuellen Berichts aber bereits Makulatur. "Man muss jetzt davon ausgehen, dass infolge der Coronakrise die Schuldenstandsquote 2060 um 30 bis 40 Prozentpunkte höher ausfällt als in unseren bisherigen Berechnungen", sagte Werding.
Im günstigen Szenario wären dies dann mindestens 105 Prozent des BIP und in dem ungünstigen Szenario gar bis zu 225 Prozent der deutschen Jahreswirtschaftsleistung. Damit droht Deutschland eine deutlich höhere Staatsverschuldung, als sie heute Italien oder Griechenland aufweisen.
Es sei richtig, jetzt die Verschuldung steigen zu lassen, um die Konjunktur nicht weiter abzuwürgen, so der Finanzexperte weiter. Doch nach der Krise müsse die Konsolidierung beginnen. Und dabei müsse man vor allem bei der Rente dringend die Schieflage bei der Belastung der Generationen angehen, sagte Werding der "Welt". Der steuerfinanzierte Bundeszuschuss macht fast ein Drittel der gesamten Rentenausgaben aus.
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